Warum wir jetzt gar nichts mehr tun!

Warum wir jetzt gar nichts mehr tun!

Möchten Sie gern 1600 Euro für Nichtstun erhalten? Die HfBK in Hamburg vergibt drei solcher Stipendien, auf die man sich bewerben kann. Viele von ihnen werden jetzt ins Nachdenken kommen: 1600 Euro für Nichtstun – in den meisten Führungsetagen wird das doch mit einem Vielfachen davon vergütet…

Nun hat Nichtstun keinen besonders guten Ruf: Nichtstun führt zu nichts schaffen; wer nichts schafft, wird schnell ein Nichtsnutz – und wer keinen Nutzen hat, ist gesellschaftlich untendurch. Oder Investmentbanker. Dabei ist Nichtstun gar nicht so leicht. Im Buddhismus gibt es Mönche, die das mehrere Leben lang üben – das einte den Buddhismus mit deutschem Beamtentum.

Nichtstun ist etwas, das diese Gesellschaft um jeden Preis vermeiden möchte. Wenn etwa entspannt wird, dann bitte mit Absicht und Ziel. Yoga für die Entspannung, Entspannung für Ausgeglichenheit und Gesundheit, Gesundheit für bessere Performance, am besten gekoppelt mit Achtsamkeit und Meditation für erhöhte Leistungsfähigkeit. Absichtslosigkeit ist das neue Kapital-Verbrechen des 21. Jahrhunderts.

Auch der deutsche Beamte ist mittlerweile weit weg vom Ideal des Nichtstuns und genauso gestresst wie alle anderen auch – hat aber dafür ein sicheres Einkommen. Was man von Hotelangestellten, Reiseveranstaltern und Piloten nicht mehr behaupten kann…

Vergeben wird das Stipendium im Rahmen einer Kunst-Ausstellung namens „Schule der Folgenlosigkeit“. Hätte man mich gefragt, müsste ich antworten, dass die „Schule der Folgenlosigkeit“ ein Synonym für meine gesamte Schulzeit ist – aber mich hat halt keiner gefragt…

Viele Menschen steuern im Zuge der Corona-Krise auf eine Intensiv-Phase des Nichtstuns zu. Wobei man Nichtstun nicht mit panischem Aktionismus verwechseln darf. Nichtstun ist kreative Unterlassung bis hin zur Einstellung jeglicher Gedankentätigkeit. Der Bundestag macht es vor. Siehe Digitalisierung, Energiewende, Steuerreform. Daher mein Vorschlag für den Hauptstipendiaten: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, dessen kreatives Nichtstun bei der Ausländermaut die gelungenste Shakespeare-Inszenierung der letzten Jahre darstellt: Viel (teurer) Lärm um nichts!