Da stürmt er auf die Bühne, der „härteste Hund am Finanzamt“. Fahrig, mit fuchtelnden Händen, in Mausgrau, akkurater Scheitel, das Haar schmierig angeklitscht, Riesenhornbrille. Als Steuerfahnder Siegmund von Treiber tobte Chin Meyer durch die Ole Möhl. Motto: „Der Jubel rollt“. Es beginnt mit Formularen für die ersten Reihen – für die Steuerselbstanzeigen, versteht sich.
Meyer ist temperamentvoll, witzig, schlagfertig, brillant. Wenn er die Finanzkrisen-Blase persifliert, sie anhand der Fuselaktie bis zum Deliriumgarantiezertifikat nachspielt oder die amerikanische Rating-Agentur tun lässt, was sie immer tut: raten. Klar, amerikanischer Slang hilft auch gegen das angeschlagene Image des Finanzamtes („Sie ahnen gar nicht, was hier los war, als Osama Bin Laden sagte, er wolle alle Schläfer wecken“!). Cash Agency klingt doch viel hipper. Da gibt es jetzt „customer orientated service“ für die „science fiction documents“ (Steuererklärungen). Meyer ist interaktiv, überschlägt sich, sprudelt über mit Händen und Füßen, rattert Steuer- und Freibetragsarten runter, lässt das Publikum das Money-Mantra singen und taucht dann und wann für bizarre Mini-Gesangssequenzen in Rot- oder Blaulicht. Meyer teilt aus und nimmt aufs Korn, dass es nur so brummt. Von den Taliban-Bambis, die sich rücksichtslos vors Auto werfen bis zur Eon-, Vattenfall- und Co-Koalition, der einzigen, die hierzulande hält.
Unablässiges Lachen und viel Zwischenapplaus füllten den Raum. Das Publikum ging und rechnete mit, bis es Steuererklärungsbierdeckel regnete und Meyer zur Zugabe anhob, ganz umsonst
Flensburger Tageblatt