Warum wir in die Platte ziehen!
Pünktlich zum Superwahljahr gibt es wieder eine „Erregungs-Debatte“ – eine Art Alltags-Porno für jene, denen „Schmuddel-Seiten“ zu teuer sind. Die Debatte geht so: „Die Grünen wollen uns das Eigenheim wegnehmen!“ Schon geht die Wut-Kurve hoch: Erst wollen sie das Autofahren verbieten, dann einen Veggie-Day erzwingen und jetzt stehen sie mit Abrissbirnen vor Einfamilienhäusern! Was kommt als Nächstes? Heizen nur bei Minus-Graden? Urlaubsverbot? Überwachungskameras in Schlafzimmern, um sicher zu stellen, dass der Sex einvernehmlich vonstatten geht? Oder geht es ihnen immer nur um Tiere? Nach dem Motto: Freiheit für Käfighühner, aber Käfighaltung für Freiheitsmenschen? „Fickzellen mit Fernheizung“ nannte DDR-Lyriker Heiner Müller einst Plattenbauwohnungen, in denen in diesem „Erregungs-Porno“ Grüne die Mehrheit der Deutschen pressen wollen: Alle Patte in die Platte!
Leider ist das Eigenheim ein umwelttechnisches Auslaufmodell – wollte jeder Erdenbürger eins haben, bräuchten wir mindestens fünf Planeten, um sie alle unterzubringen. So gesehen hätten Plattenbaubewohner eigentlich eine Umweltprämie verdient – Marzahn-Hellersdorf ist Berlins grünster Bezirk!
Tatsächlich aber ging es den Grünen (leider) gar nicht um Grundsätzliches, sondern darum, dass ein grüner Bezirksrat im Norden Hamburgs aus Platzmangel keine neuen Einfamilienhäuser mehr genehmigt. Auch in Berlin will kein neoliberaler Traumtänzer das Märkische Viertel durch ein paar schicke Eigenheime ersetzen oder gar Wahlkampf machen mit Slogans wie: „Der Kudamm ist ne Mistadresse, es braucht dort Fertighaus-Tristesse“.
Wäre es nicht schön, wenn es in politischen Debatten wieder vermehrt um die Sache ginge? Und nicht nur wie im Porno um vorgetäuschte Leidenschaft – also im wahrsten Sinne „Fake News“ für die Selbstbefriedigung?