Warum die Einheit braun ist!
Ich fahre am gestrigen Tag der Deutschen Einheit durch Berlin – im Westen gähnende Leere. Man versucht in bewährter Manier, das tragische Ereignis einfach zu ignorieren. Im Osten die üblichen Touristenhorden, die bei einer „Cup“ Starbucks Frappuccino mit „Chicken-Breast“-„Subway-Sandwich“ übers Holocaust-Mahnmal hüpfend den klassischen Geist deutscher Einheit atmen.
Es scheint wie eine späte Rache des Sozialismus – die SED ließ die Panzersperren an der innerdeutschen Grenze abbauen, weil sie wusste: Die Panzersperren in den Köpfen sind das beste Bollwerk! „Mauern aus Enttäuschung“, sagte Steinmeier. Auch ich als Wessi habe eine Mauer aus Enttäuschung im Kopf und hatte mir den Kapitalismus mit seinen doofen Shopping-Malls und vielen TV-Kanälen besser vorgestellt – kann mich aber nach keiner DDR zurück sehnen. Ich darf ahnen, dass das Leben schon immer eng, spießig und sinnlos war.
Am Brandenburger Tor dann das „Coca-Cola-Festival der Einheit“. Mit Mark Foster und dem „größten Live-Karaoke-Singen der Welt“. Klingt wie eine Drohung: „Durch Deutsches Singen soll die Welt gelingen!“ Ich denke: Coca-Cola? Hätte man es nicht wenigstens „Vita-Cola“-Festival nennen können? Um die Mauern in den Köpfen etwas zu beruhigen? Oder wenigstens „Fanta-Festival“? „Fanta“ war ja die Marke, die Coca-Cola erfand, als es 1941 nicht mehr ganz so cool war, Hitler-Deutschland mit Cola zu versorgen – Fanta ist gewissermaßen „Cola für Nazis“.
Aber auf eine gewisse Art ist Coca Cola das perfekte Einheits-Symbol. Erst scheint sie wild prickelnd, exotisch und etwas aufputschend, aber nach intensivem Genuss sind Ost und West endlich vereint: mit Übergewicht auf der Diabetes-Station! Dazu die Hits von Mark Foster, die aneinander gereiht folgende Botschaft ergeben: Schöner Scherbenhaufen – Spul zurück – Immer immer gleich – Wir sind groß!