Dezember 2019

Warum wir in den Papierkrieg ziehen!

„Bon“, sagt der Franzose, wenn etwas gut ist. Wir kennen das aus Worten wie „Bonmot“, „Bonvivant“, „Bonbon“ – obwohl letzterer in erster Linie aus Zucker besteht daher tunlichst nicht „gut-gut“ sondern eher „Klebriges Gift, das die Zähne ruiniert und dich dann in den Tod treibt“ heißen sollte.

Nix ist gut, sagen jetzt auch die Bäcker folgerichtig, schon gar nicht der Bon. Denn ab Januar gilt in Deutschland die Bon-Pflicht. Um Steuerhinterziehung zu erschweren, muss jetzt für jeden Kauf ein Bon ausgestellt werden. Jetzt könnte man fragen, warum eine Nation, die sich gern als High Tech empfindet, auf ein Retro-Medium wie Papier setzt? Wird man in ein paar Jahren sagen, dass die Bon-Pflicht die letzten deutschen Wälder ausrottete? Außerdem sind die meisten Bons aus Thermo-Papier, welches bekanntlich Bisphenol A oder S enthält. Bisphenol stört den Hormonhaushalt und führt zu Fruchtbarkeitseinschränkungen sowie Verhaltensstörungen. Wenn die Deutschen also nur noch wenige, dafür aber umso verhaltensauffälligere Kinder haben, dann liegt das vielleicht an einem fortgeschrittenen Stadium von „Bon-Vergiftung“.

Die meisten Kunden werden den Bon nicht anfassen wollen. Denn die Frage „Hamse mal’n Bong?“ ist ja auch drogenstrafrechtlich relevant ist… Die Bäcker bleiben also auf Bergen von Papier sitzen. Jetzt gibt es nur eine Rettung: Freiberufler! Denn Freiberufler setzen ab. Und zwar alles! Die bekannte Frage ans Finanzamt: „Kann ich meine Frau absetzen? Wenn ja, an welcher Raststätte?“ stammt mit Sicherheit von einem Freiberufler. Freiberufler sind regelrecht Bon-süchtig. „Brötchen? Setz ich ab. Als „Büro-Dekoration““, denkt der Freiberufler und lässt den Bon mitgehen. Machen Sie sich also nebenher selbstständig. Es gibt nur eins, was der Deutsche noch lieber tut als Steuern zu hinterziehen – Steuern sparen! Für jeden Bon zahlt das Finanzamt 30-40 Prozent. Schon wird das Brötchen billiger. Der Bäcker kann den Preis erhöhen, kauft ne neue Kasse, kurbelt die Wirtschaft an – der Konsument spart trotzdem, der Staat ärgert sich. Dann ist auch die Bongerei „gebongt!“

Warum Greta Thunberg die Deutsche Bahn liebt!

Da fährt sie einmal Deutsche Bahn – und schon geht das Desaster los. Greta Thunberg postete ein Bild von sich, zwischen Gepäck auf dem Boden sitzend, mit der Unterzeile: „In überfüllten Zügen durch Deutschland“ – was die Bahn zum Anlass nahm, leicht beleidigt nachzufragen, warum sie nicht auch erwähnte, dass sie einen Teil der Strecke (den kleineren übrigens) in der ersten Klasse saß. Besser kann man eine Klima-Aktivistin nicht „enttarnen“, gewisse Zeitungen fragten bereits nach, wie „echt“ Greta sei. Für ein Unternehmen mit „Umweltschutz“ auf der Vermarktungsfahne ist das ein Kommunikations-Eigentor wie selbst Christoph Kramer es nicht schöner hätte schießen können. Ein PR-GAU fast schon in einer Liga mit Harvey Weinstein, der gerade anmerkte, dass wohl niemand soviel für Frauen im Film getan habe wie er und dabei leider zu erwähnen vergaß, dass es fast immer darum ging, die Besetzungscouch nicht erkalten zu lassen…

Dabei hätte die Bahn die Flanke so gut verwandeln können. Schließlich hat sie in unserer hektischen Zeit viele Vorteile. Wo sonst kann man analoge Ruhe genießen – schon weil es kein Handy-Netz gibt? Wo sonst schreien Menschen „Ich hab kein Netz“ – als ob sie diesen Umstand durch gesteigerte Lautstärke überbrücken könnten und diese Information dem Gesprächspartner in irgendeiner Form hülfe. Wo sonst sind sich die unterschiedlichsten Menschen einig, nie wieder Bahn zu fahren? Wo sonst ist die Raum-Zeit-Krümmung und die dadurch bedingte Verzerrung der Zeit physisch erfahrbar?

Warum also twitterte niemand: „Bahn im Transport-Höhenflug. Sogar Greta Thunberg ergatterte einen der begehrten Plätze im Parkett!“? Oder: „Am fliegenden Teppich arbeiten wir noch. Den rollenden Teppich haben wir schon!“ Oder: „Die Bahn. Wir machen Kohle auch ohne Kohle!“ Oder die aktuelle Variante: „Nix los auf dem Klima-Gipfel in Madrid – viel los beim Klima-Express der Deutschen Bahn! Willkommen, Greta!“

Warum wir so grün hinter den Ohren sind!

Klimanotstand – das hat der Senat neulich ganz offiziell festgestellt. Gut so. Notstand ist schließlich ein ernstes Problem. Und ein Bekanntes. Frauen kennen es als „Garderoben-Notstand“ – sie stehen vor überquellendem Kleiderschrank und haben „Nix zum Anziehen“. Männer kennen den „Paarungs-Notstand“ – wobei der Begriff etwas irreführend ist, da in dieser Not nix steht… und wenn, dann interessiert es halt keine Sau!

Auch die Europäische Union hat sich gedacht: Wenn die Berliner so konsequent durchgreifen, dann setzen wir jetzt noch einen drauf. Einen „European Green Deal“, welcher Europa bis 2050 klimaneutral machen soll. Leider klingt „klimaneutral“ etwas verdächtig. Wenn Ihre Partnerin oder Partner Ihnen eröffnet, sie oder er wolle bis 2025 „beziehungsneutral“ sein, wie begeistert wären Sie?

Aber der Begriff „Green Deal“ klingt schon mal gigantisch. Wenn man ihn locker fallen lässt: „Liebling, warum hast du auf einmal dieses brandneue, irre teure Kleid aus Naturwolle gekauft?“ „Mein Beitrag zum Green Deal! Und gegen den Notstand. Im Schrank.“ Oder: „Schatz, wer ist denn die Frau da an deiner Seite?“ „Ach, äh, meine Umweltreferentin. Also, äh, mein Beitrag zum Green Deal – sie reduziert meine CO2-Bilanz, indem ich nicht nach Thailand fliegen muss…“

All das blendet herrlich aus, dass es dem Klima wunderbar geht. Dem Klima ginge es auch wunderbar, wenn der Planet sich im Schnitt um 30 Grad aufheizt. Auch der Erde geht es dann wunderbar. Wem es nicht ganz so wunderbar gehen wird, ist der menschlichen Zivilisation. Die wird es dann höchstens noch in barbarischen Überresten an ehemals fürchterlich kalten und unbekannten Orten geben – und ich rede ausnahmsweise mal nicht von Bielefeld… Das Klima hat also keinen Notstand. Es muss auch nicht gerettet werden. WIR müssen gerettet werden. Wann ruft man endlich den „Menschheits-Notstand“ aus?

Warum wir bald billiger leben!

Die ersten deutschen Lebensversicherungen senken den Garantiezins bei Neuverträgen auf magere 0,5 Prozent. Die Richtung ist eindeutig. Bei einer Inflation von nur 1,5 Prozent verliert man jedes Jahr Geld – viele Lebensversicherungen sind auf lange Sicht „Altersarmuts-Versicherungen“. Wer spart, lebt also verkahrt – oder verkehrt, wenn man auf den schönen Reim verzichtet. Die ersten Volksbanken (Fürstenfeldbruck und Westmünsterland) kündigten zudem bereits Negativzinsen auf Neueinlagen an. Natürlich nennen sie das nicht so. Sondern „Verwahrentgelte“.

Das stellt unser bisheriges Wirtschaftsverständnis auf den Kopf. Niemand will mehr Geld besitzen. Wer den Banken Geld abnimmt, etwa in Form von Krediten, kann bald ebenfalls mit Negativ-Zinsen rechnen. Liegt der bei einem Prozent, muss man für einen Kredit von einer Million nur 990.000 Euro zurückzahlen und darf 10.000 Euro behalten. Wer jeden Monat einen Millionen-Kredit aufnimmt, verdient ohne große Mühe ein fünfstelliges Gehalt!

Setzen „Verwahrentgelte“ sich erst mal durch, hat das auch positive Effekte. Etwa bei Nutzung fremden Wohneigentums. Ist Ihnen etwa die Miete zu teuer, schreiben Sie dem Vermieter einen freundlichen Brief:: „Sehr geehrte(r) Hausbesitzer(in), ich habe Ihr Wohneigentum seit einiger Zeit in sicherer Verwahrung. Aufgrund meiner Nutzung vermeide ich teure Kosten, die sich Ihnen aus Verfallserscheinungen der Immobilie ergeben könnten. Insbesondere Frostschäden sowie Schimmel treten unter meiner Obhut nicht auf. Daher erlaube ich mir, für die Verwahrung Ihres Eigentums ein Verwahrentgelt in Höhe von X (Miete zuzüglich eines Verwaltungsbetrags) zu erheben. Ich verweise auf den „Banking-Verwahrentgelt-Act von 2019“ und verbleibe…“ – wer hätte je gedacht, dass ausgerechnet Banken uns eines Tages helfen würden, Miete zu sparen?

Warum wir in der PISA-Studie nicht die Besten sind!

Die neuen Pisa-Ergebnisse da, und sie sind nicht rosig. Auguren des Untergangs prophezeien bereits das Bildungsende eines Landes, in dem Schüler auf die Lehrer-Frage: „Wenn du fünf Euro hast und ich dir zwei wegnehme, was gibt das?“ nur eine Antwort kennen: „Prügel!“ Gerade die bildungsfernen Schichten entfernen sich immer vom System – bald werden sie so fern sein, dass sie „Bildung“ für eine Nachbargalaxie halten.

Die Ursachen sind vielfältig – zumal Pisa selbst auch umstritten ist, da vermutet wird, dass in führenden Ländern wie China, wo nur 80 Prozent an der Studie teilnehmen (in Deutschland 95 Prozent), die schwächeren Schüler einen Tag „Bildungsurlaub“ erhalten… Eine Ursache aber ist klar: Lehrer haben bei uns kein besonders gutes Image. Das spiegelt sich auch in Lehrerwitzen wie diesen: „Egal wie leer du bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer…“ Oder: „Können Lehrer schwimmen? Einerseits ja, sie sind ja hohl. Andererseits nein, sie sind ja nicht ganz dicht…“ – und so weiter.

Wir brauchen (neben Chancengleichheit, einem besseren Schulsystem, bundesweiter Angleichung des Bildungssystems, besseren Bildungskonzepten und so Kleinkram) eine positive Kultur der Lehrerwitze unter der Überschrift „Dein Lehrer“. Also: „Dein Lehrer ist so cool, dass es hinter ihm schneit!“ Oder: „Dein Lehrer hat bis zur Unendlichkeit gezählt – zwei Mal!“ „Wenn kleine Kinder ins Bett gehen, schauen sie vorher nach, ob Monster unterm Bett liegen. Wenn Monster ins Bett gehen, schauen sie vorher nach, ob Dein Lehrer unterm Bett liegt.“ Und mein persönlicher Lieblingswitz: Petrus, Jesus und Dein Lehrer stehen am Rande des Sees Genezareth. Jesus sagt: „Kommt, wir gehen rüber.“ Alle drei gehen los, aber Petrus versinkt sofort im See. Als die anderen beiden am anderen Ufer sind, fragt Jesus: „Sollen wir dem armen Petrus verraten, wo die Steine unter der Oberfläche liegen?“ Und Dein Lehrer sagt: „Steine? Welche Steine?“

Warum die SPD die FDP verklagen sollte!

„Plötzlich Prinzessin“ – so müssen sich Saskia Eskens und Jens-Walter Borjans fühlen nach ihrer überraschenden Wahl zur SPD-Spitze. Obwohl es ein ziemlich schäbiges Königreich ist, das sie erben. Vielleicht fühlen sie sich auch eher wie Islamisten, die eigentlich keine Lust auf den Märtyrertod haben, aber aus Versehen das kürzeste Streichholz zogen…

Denn die Lage ist alles andere als rosig. Nach Jahren der CDU-Ehe ist die SPD wie eine sensible, warmherzige Gattin, deren Verdienste permanent von ihrem übermächtigen Mann für sich reklamiert werden. Bastelt sie was für die Kinder, sagt er: „Meine Idee“, backt sie einen Kuchen, meint er: „Mein Rezept.“

Jetzt möchte sie eigentlich die Scheidung, ist sich aber nicht sicher, ob sie damit nicht völlig leer ausgeht, weil die „Zugewinn-Gemeinschaft“ eher mager ausfiel. Von der letzten Partei, die die Regierungsverantwortung mit markigen Worten ablehnte, hört man schließlich auch nicht gerade viel dieser Tage. Dabei ist die FDP ja eigentlich verantwortlich für die Misere der SPD. Denn die Sozis hatten sich die Legislaturperiode ursprünglich echt cool vorgestellt: Ruhige Kugel schieben in der Opposition, „Phoenix aus der Asche“ machen, in Ruhe die FDP und die Grünen in einer Junior-Ehe mit Merkel scheitern sehen, nächste Kanzlerin stellen… so in der Art. Aber dann „lindnerte“ die FDP die Koalitionsverhandlungen und zack, schon klappte die Regierungsfalle wieder zu. Warum stellt die SPD eigentlich keine Regressforderungen an Lindner für entgangene Einnahmen durch Mitgliederschwund?

Esken und Borjans sind nicht zu beneiden. Tanzen sie doch auf einem Vulkan, in dem auf der einen Seite heiße Lava brodelt und auf der anderen Seite ein steiler Abgrund lauert. Die große Herausforderung heißt jetzt, die Selbstmordweste wie ein modisches Accessoire zu tragen und heimlich den Sprengstoff zu entfernen. Denn bei allem Spott: den Kuchen der SPD könnte dieses Land noch mal dringend brauchen.