Juni 2020

Warum wir Aktien skeptisch sehen!

Was ist der Unterschied zwischen der Lufthansa und Wirecard? Kaum einer, beide finanzieren sich über „Luft-Buchungen“ in Milliardenhöhe – bloss, dass es bei der Lufthansa dafür immerhin Gutscheine gibt. Die Firma Wirecard, bei vielen Karten- und Online-Einkäufen als Zahlungsabwickler agierend, meldete jetzt aufgrund fehlender Gelder Insolvenz an, nachdem der Konzern zugeben musste, dass 1,9 Milliarden Euro auf den Phillipinen gar nicht existieren – das passiert eben, wenn ein Konzern nicht begreift, dass er trotz seiner Eigenschaft als Zahlungsabwickler noch lange nicht EZB heißt und Geld einfach so erfinden darf!

Was uns zu dem nächsten Rätsel bringt: Was haben die Finanzaufsicht Bafin und ein Vierjähriger gemeinsam? Beide glauben an Magie, und dass der nette Onkel doch noch ein Kaninchen oder eben 1,9 Milliarden Euro aus dem Hut zaubert. Bloß, dass der Vierjährige seltener enttäuscht wird… Gegen die Blindheit der Bafin ist sogar Stevie Wonder ein Adlerauge!

Immer deutlicher zeigt sich, dass ein Konzern, der immerhin den Aufstieg in den DAX schaffte, im Grunde auf einem riesigen Schneeballsystem basierte. Nun könnte man das auch positiv sehen: in diesen Zeiten der Erderwärmung und der Klimakatastrophe hat es etwas Tröstliches, dass wenigstens in der Finanzindustrie noch etwas so Kühles wie Schneebälle existiert…

Leidtragende sind Tausende geprellter Anleger – im Vergleich zu Wirecard war das Telekom-Desaster der Dotcom-Blase ein Sechser im Lotto. Der einzige „German Global Player“ am Finanzmarkt hätte eigentlich „German Globuli Player“ heißen müssen: Entsprechend dem Prinzip der starken Verdünnung homöopathischer Globuli wurden auch die Bilanzen bei Wirecard dermaßen verdünnt, dass man die Aktie demnächst in Apotheken erwerben kann: „Wirecardia Hochpotenz M-1,9 Milliarden“ hilft gegen deutsche Sparer am Aktienmarkt!

Warum wir österreichischer werden müssen!

Beim ganzen Jugendkult in diesem Land fällt es wohltuend auf, wenn junge Leute schon in frühen Jahren eine Alterskarriere anstreben. So wie Philipp Amthor, der schon vor der magischen Schallgrenze von 30 Jahren den Rückzug aus der Politik ansteuerte und den Weg vom Jungpolitiker zum hochdotierten Frühstücksdirektor in der Wirtschaft ohne Umwege über lästige, unterbezahlte Ministerjobs und dergleichen Plackerei erledigen wollte.

Nun ist die deutsche Politik parteiübergreifend gewissen „Nebenjobs“ nicht abgeneigt, um eine „Nähe zum wirklichen Leben“ und „den Belangen der Wirtschaft“ beizubehalten und nicht nur „politischer Fachidiot“ zu sein, weil man den Lehrerjob hasst und die Konzerne einen nicht wollen, so wie diese ganzen Linken-Politiker. Die richtigen Linken – nicht die Gerhard Schröders dieser Welt, die Engagement glorifizieren und über ihre hochdotierte Tätigkeit bei Rosneft die „Energiesicherheit des deutschen Volkes“ sichern wollen. Als Schröder das verkündete, soll er sogar nüchtern gewesen sein! Allerdings sah man noch die Sauna-Bank-Abdrücke in seinem Hintern, wo er grade mit Putin gesessen hatte.

Korruption hat viele Gesichter. Und auch in Deutschland eine gute Tradition: Im alten Preußen etwa wurde den Beamten nur etwa zwei Drittel des Geldes ausgezahlt, das sie benötigten. Den Rest mussten sie sich über „Nebentätigkeiten“ oder sogenanntes „Sporteln“ (Vergütungen, die der Empfänger einer Dienstleistung zu entrichten hatte) organisieren. Amthor und seine Gesinnungsgenossen müssen es ähnlich empfinden – schließlich beziehen sie nur „Diät“.

Natürlich gab es Gegen-Beispiele: Österreich-Ungarn etwa galt als dermaßen unbestechlich, dass man heute noch vom „Habsburg Effekt“ spricht – Bewohner auf dem Gebiet der ehemaligen Doppelmonarchie sind nachweislich unbestechlicher als Menschen, die in angrenzenden, häufig ehemals muslimischen Gebieten leben. Gut, dass die FPÖ da gegensteuert und gemeinsam mit den Amthors dieser Welt einer gelungenen Integration in die gute, alte osmanisch-türkische Bakschisch-Mentalität den Weg ebnet!

Chin kämpft für die Kultur

am 22.6. ab 11.55 vor der Jahrhunderthalle in Frankfurt! https://www.jahrhunderthalle.de/programm/kalender/mitabstandgehtesnicht/22-06-2020-11-55/

Warum wir nicht gewarnt werden!

Die Corona-App ist da. Als nachhaltiger Hypochonder habe ich sie mir natürlich sofort runtergeladen und siehe da: Schon drei Tage sind vergangen und ich hatte keinen Kontakt mit Infizierten. Sagt jedenfalls die App und leuchtet dazu auffordernd grün. Das birgt Gefahren. Das Spielkind in mir möchte sofort wissen, was ich tun kann, um mal eine Gefahrenmeldung zu erhalten, vielleicht eine gelbe – oder am besten eine ganz rote? Essen in Leer, Zuckerfest in Göttingen, beten in Frankfurt? Oder gleich auf Nummer sicher gehen und in einer Fleischfabrik anheuern?

Nun sind nicht alle so glücklich wie ich und waren in der Lage, zur eigenen und der Sicherheit des Vaterlandes die App runterladen zu können. Neben denen ohne Smartphone sind es vor allem jene mit älteren Handys. Auf Blackberrys, Huawei oder älteren IPhones vor dem 6s ist die Installation der App nämlich nicht möglich. So werden alle abgestraft, die der Umwelt und ihrem Geldbeutel etwas Gutes tun wollten und auch mit einem älteren IPhone oder einem Blackberry oder einem Huawei ganz gut durchs Leben kommen. Geizige Hypochonder sowie Ärmere und Ältere sind also die Leidtragenden.

Leider sind sie auch Hauptrisiko-Gruppe (bis auf die geizigen Hypochonder). Trump und die Firma mit dem angebissenen Apfel können feiern: Unsere Regierung hat eine Abwrackprämie für ältere IPhones sowie Blackberrys oder Windows Phone aufgelegt. Bloß dass es halt kein Geld gibt, sondern nur die Corona Warn App. Und dass die Ärmeren sie bezahlen dürfen – Sozialpolitik vom Feinsten. Die Diesel-Misere lässt grüßen. Aber hier liegt auch ein Potenzial. Wie wäre es, wenn man beim Eintauschen eines alten IPhones gegen ein neues noch einen alten Diesel geschenkt erhält? Den kann man dann zwar nur noch auf dem Land fahren – aber da ist die Ansteckungsgefahr ja sowieso am geringsten!

Happy Geld Show Talk am 29. Juni

…um 20 Uhr (90 Min) – der Late-Night-“Economedy”-Event am frühen Abend im Netz. Eine unterhaltsame Mischung aus Live-Online-Kabarett, einem interessanten Talkgast und anschließendem Austausch mit den Teilnehmern. Den Event findet ihr hier.

Warum die Künste in die Luft gehen!

Die Lufthansa hat es geschafft, sich von der Politik mit neun Milliarden Euro retten zu lassen. Das ist super – zumindest für die darbenden Aktionäre der Lufthansa. Super auch für Malta – wo etwa 8 Angestellte sechs Milliarden Gewinn für die Lufthansa erzielen – wenn es um Schattenfinanz-Zentren geht, sind Corona-Bonds auf einmal kein Problem mehr…

Wenden wir uns einer weiteren Branche zu, die zurzeit ihren Jahresurlaub nimmt. Und zwar das ganze Jahr: Die Kulturbranche. Sicher, man könnte sagen: Kultur ist unerheblicher Luxus. Man könnte auch sagen: Die Kulturbranche ist mit etwa 100 Milliarden Euro Wertschöpfung und 3 Prozent Anteil am BIP nach der Auto-Industrie die umsatzstärkste Branche in Deutschland. Und mit 1,7 Millionen Menschen, die in ihr arbeiten, sogar noch vor der Auto-Branche die personalintensivste. Aber auch die hat ja ein Rettungspaket erhalten: Eine Milliarde Euro… Und ein Hygiene-Konzept für Theater, das für eine unwirtschaftliche Auslastung der Spielstätten und in Folge für viele Insolvenzen sorgt. Aber so ist es nun mal – das Corona-Virus verbreitet sich in geschlossenen besonders stark, da muss man halt Abstand halten… 

Außer in der Luft, klar. In Flugzeugen gibt es keinen Sicherheitsabstand. Da wird gekuschelt, was das Zeug hält. Vielleicht kommt bald die neue Werbung: „Ihr Bordell hat geschlossen? Fliegen Sie Lufthansa!“ Die Lufthansa konnte halt überzeugend darlegen, dass nicht voll ausgelastete Flugzeuge unrentabel sind. Im Gegensatz zu, sagen wir, Theatern…

Zeit für Kreativität: Da das Virus sich in Flugzeugen anscheinend ja nicht ausbreitet, und da Kultur vollbesetzte Spielstätten braucht, greifen wir der leidenden Lufthansa unter die Arme und versehen jeden Flug mit einer Kulturveranstaltung. Dann ist die Frage nicht: Wie komme ich von A nach B? Sondern: Fliege ich mit den Symphonikern nach München, oder lieber im Kabarett nach Frankfurt? Oder gleich mit dem Ballett nach Palma? Das macht den Flug zwar ein wenig teurer, aber so kommen alle auf ihre Kosten!

Warum wir Rassisten sind!

„Warum hat ein Schwarzer weiße Handflächen?“ Antwort: „Damit er die Baumwolle nicht schmutzig macht!“ So etwas konnte man bis vor kurzem noch bei Facebook unter „Schwarzer Humor“ finden. Was ziemlich farbenblind ist – in Wahrheit ist dieser Humor natürlich nicht schwarz, sondern tiefbraun…

Besonders wichtig ist die gegenwärtige Rassismus-Diskussion für all jene total aufgeklärten, liberalen, gleichberechtigungswütigen Bürger. Leute wie mich. Die nicht frei von subtilem Rassismus sind. Die bis vor einigen Jahren noch Sprüche amüsant fanden wie: „Es heißt nicht mehr Negerkuss, sondern Schaumkuss mit Migrationshintergrund“. Diese Art Flachwitz ist mittlerweile so out wie Händeschütteln oder Gruppensex mit Fremden ohne Kondom und Mundschutz. Statt des beleidigten „Was darf man heute überhaupt noch sagen“ stünde uns vielleicht etwas Demut besser zu Gesicht – und eine leichte Unsicherheit.

Gottseidank gibt es auch schwarzen Humor, der wahr ist: „Schrecklich,“ sagte der Südstaaten-Sheriff, als er die schwarze Leiche mit den 23 Einschusslöchern betrachtete, „einer der fürchterlichsten Selbstmorde, den ich je gesehen habe…“ Oder dieses Zitat: „100 Weiße, die einen Schwarzen verfolgen – früher hieß das „Ku Klux Klan“ – heute „Golf“ (Tiger Woods, afroamerikanische Golflegende).

Vorbildlich in der Sprache ist erstaunlicherweise die Finanzwelt. Denn hier sind „schwarze Zahlen“ etwas Positives. Im Gegensatz zu roten Zahlen – was natürlich die Frage aufwirft, was Banken eigentlich gegen Indianer haben. Oder gegen Gewerkschafter… Aber auch hier gibt es einen Grenzbereich, wie folgende Anekdote illustriert: „Müller, als Buchhalter sollten sie die schwarzen Zahlen mit schwarzer Tinte schreiben.“ „Wir haben keinen schwarzen Füller.“ „Dann kaufen Sie einen, um Himmels willen!“ „Dann wären die Zahlen aber wieder rot…“

Warum wir jetzt alle reich werden!

„Wumms“ wird vermutlich Wort des Jahres. Nachdem die Bundesregierung jetzt ein Konjunkturpaket für 130 Milliarden Euro schnürte, weil wir „mit einem Wumms aus der Krise“ (Olaf Scholz, Vizekanzler) kommen wollen, wird es den Rest dieses Jahres nur noch „wummsen“.

Besonders bitter für mich als professionellen Nörgler: Diesmal gibt es nicht so wahnsinnig viel auszusetzen. Senkung der Mehrwertsteuer, Geld für Kinder, billigerer Strom, Entlastung der Kommunen – macht alles Sinn. Wumms! Das ist natürlich eine zusätzliche Demütigung meines Berufsstandes: Erst schließen die Theater – und dann kann man noch nicht mal mehr privat meckern. Weiß die Bundesregierung nicht, dass so ein indirekter Maulkorb die Unzufriedenheit vieler jetzt schon Unzufriedener steigert? Unzufriedene, die noch nicht mal mehr genau wissen, weshalb sie eigentlich unzufrieden sind – außer natürlich wegen dem „Turbokapitalismus“, der „ganzen Kriminalität“ und natürlich dem „Impfzwang“, nicht zu vergessen die „ganzen Muslime“, welche die Abstandsregeln verletzen (Göttingen! Zuckerfest! Hallo?!), als ob sie nicht wüssten, dass nur „Bio-Deutsche“ das dürfen…

Gottseidank leide ich nicht allein. Wumms gemacht hat es nämlich auch für die Auto-Industrie. Selbst nachdem deren Lobbyisten die Politik mit einer Intensität umgarnten, der man nur mit Not das Prädikat „sexuelle Bedrängung“ aberkennen konnte, gibt es diesmal keine Abwrackprämie. Außer für E-Autos. Und wahrscheinlich für Plug-In Hybride. Plug-In Hybrid ist autodeutsch für: „kleiner E-Motor, der für wenige Kilometer Stadtfahrt ausreicht, wenn Papi nicht vergessen hat, ihn zu laden, bevor dann der fette Diesel- oder Benzin-Motor dazu schaltet“. Versähe man jeden Verbrenner mit einem klitzekleinen E-Motor (ausreichend für 10 Kilometer und einen Haar-Fön), schon hätte man wieder seine Abwrackprämie…

Na, also. Geht doch. Doch noch was gefunden. Uff. Wumms!

Warum Krisen eskalieren

Vor ein paar Tagen fuhr ich in den Baumarkt. Genauer gesagt: in den Baumarkt Drive-In – da, wo nur ganze Kerle reinfahren, die Zementsäcke direkt in den Kofferraum laden, um sie nicht schleppen zu müssen. Oder, wie in meinem Fall, Blumenerde. Vor mir ein Handwerker-Transporter, mit einem echten Kerl als Fahrer. Auch er hält bei der Blumenerde. Als er ein paar Säcke eingeladen hat, rücke ich vor, um nicht so weit schleppen zu müssen. Dadurch behindere ich allerdings seinen direkten Weg zur Ladeklappe, was er auch lautstark moniert: „Eh, sach ma, geht’s noch? Hast du’n A…. offen?“ Ich realisiere, dass ich einen Fehler gemacht habe, und setze wieder zurück.

In dem Augenblick zeigt sich, dass in der Corona-Krise die Nerven wesentlich blanker liegen als sonst. Er beschimpft mich einfach weiter: „Was bist du denn für ne Flachpfeife, du Wich…?“ Hier wäre de-eskalierende Kommunikation angebracht gewesen. Etwas in der Art von: „Ich entsinne mich nicht, dass wir einander das Du angeboten hätten.“ Oder: „Gottseidank ist das Wich… ja eine Tätigkeit, die selbst Flachpfeifen relativ intuitiv beherrschen.“ Stattdessen schrie ich relativ einfallslos zurück: „Selber Wich…!“

Nun setzte sich das in Gang, was Fachleute als „Eskalations-Spirale“ oder „Regression“ bezeichnen. Er kontert mit einem „Du dummes, hässliches A….loch!“ Ich mit dem Spruch, der schon meine Geschwister in Kinderjahren wild machte: „Selber 1000 Mal a….lochiger!“

Jetzt ist er nicht mehr zu bremsen: „Sag mal, bist du schwul oder was?“ Auch hier verpasste ich die eleganten Antworten wie: „Leider bin ich für Homosexualität nicht stilsicher genug.“: Stattdessen röhre ich: „Du bist doch 1000 Mal schwuler als ich!“ Das führt bei ihm zum laut gebrüllten Wunsch, mich anal zu beglücken: „Ich f… dich in den A…., du W…“ Steilvorlage für: „Da schlummern also in der Tat homosexuelle Fantasien“ oder „Nanana, dafür ist die Situation jetzt vielleicht doch nicht erotisch genug“ oder eben, wie in meinem Fall, die zurück gebrüllte Ansage, dass seine Potenz dafür vermutlich nicht ausreicht…

Wir verabschieden uns mit dem gegenseitigen Wunsch nach „einem beschissenen Wochenende“. Ich bin nicht stolz darauf. Auch hier hätte es die Möglichkeit vieler reflektierter Repliken gegeben. Aber wenn die Nerven blank liegen, ist Schlagfertigkeit nur das, was einem auf dem Nachhauseweg einfällt.