Kolumne

Warum die Provinz ein Problem hat!

Der grüne Tübinger Bürgermeister Boris Palmer sagt über Berlin: „Sie verlassen den funktionierenden Teil Deutschlands“ und „er käme mit dieser „Mischung aus Kriminalität, Drogenhandel und bitterer Armut“ nicht zurecht. Eine Bekannte meint jüngst Ähnliches: „Die sind doch alle durchgedreht in Berlin.“ Ich sage ihr, dass Städte nun mal komplexer sind als Dörfer. Dass Berlin viele Facetten hat. Und dass es auch sehr kreativ und innovativ ist. Sie guckt ungläubig. Denn wie Boris hat sie die „Provinz-Perspektive“.

Die Provinz-Perspektive hätte es gern einfach. So wie früher. Als man noch im Pferdekutsche zum Schloss des Gutsherrn fuhr, der sich leider zum Dinner verspätete, weil er nach der Jagd noch das Dienstmädchen vergewaltigte… Die Provinz-Perspektive hat eine fürchterliche Grau-Schwäche und kennt nur Schwarz und Weiß. Leider breitet sie sich aus und kriegt viel Aufmerksamkeit frei nach dem Rapper-Motto: „Is dein Spruch so voll fett krass – mach dein Konto rischtisch Kass‘!“

„Sie verlassen den funktionierenden Teil Deutschlands“. Wirklich? Ich bin viel in Baden-Württemberg unterwegs. Südlich von Ulm hat sich die Entdeckung der Elektrizität zumindest auf Bahnstrecken noch nicht rumgesprochen – und das gute 100 Jahre nach den ersten U-Bahnen in Berlin… Auch behindertenfreundliche Bahnhöfe mit Rolltreppen und solch funktionierenden Schnickschnack sucht man dort vergebens. Und ja: es gibt auch „Kriminalität, Drogen und bittere Armut“ in Berlin – etwa schwäbische Lobbyisten in der Politik, wobei die Armut da eher geistiger Natur ist…

Nun macht ein Boris Palmer in Tübingen angeblich gute Kommunalpolitik – wenn er nicht grade Studenten belästigt (gegen ihn läuft eine Anzeige wegen Nötigung). Die Dinge sind nicht schwarz-weiß. Ganz ruhig, Boris. Tief ein und ausatmen. Omm. Das Leben ist kein Drama. Sondern meistens spießig und langweilig. Sogar in der Hauptstadt.

Aus Kohle „Kohle“ machen – das ist „Kohle“!

Wie nennt man das, wenn Alexander Gauland mit einem Wahlkampf-Kraft-spendenden Spendenkoffer unterwegs ist? Richtig: Fossiler Energieträger! Nun sind fossile Energieträger nicht besonders konkurrenzfähig. Jedenfalls nicht, wenn man die echten Folgekosten einpreist. Wenn jemand „Eins plus Eins gleich Drei“ rechnet, spricht man von einer „Milchmädchen-Rechnung“. Ähnlich wie bei: „Ausländer plus Rausschmeißen gleich Profit“. Oder „Kohle plus Verheizen gleich NochMehrKohle“.

Milchmädchen gibt es übrigens kaum noch – hier fiel eine Branche der Automatisierung zum Opfer. Nur ihre der Fabel nach irrealen Rechnungen überlebten. Etwa in der Energiebranche: 40 Prozent der Kohlekraftwerke weltweit sind nicht mehr rentabel, bis 2040 werden es mehr als 70 Prozent sein – fand eine Studie jetzt heraus. Man wird demnächst also noch Kohle mitbringen müssen, um aus Kohle „Kohle“ zu machen! „Pleite“ heißt es im Kapitalismus, wenn ein Unternehmen mehr kostet als es einbringt. In der Energiebranche nennen sie es „Vernichtung von Arbeitsplätzen“…

Nun sind sichere Arbeitsplätze eine feine Sache. Die Frage bleibt allerdings, ob Arbeitsplätze wie jene im Braunkohletagebau, die Schwermetalle sowie Quecksilber ins Trinkwasser und in die Nahrungskette befördern, wirklich eine Bereicherung für die Gesellschaft sind? Auch die Cosa Nostra könnte schließlich argumentieren, man dürfe keine Auftragsmorde verbieten, weil das die ohnehin rar gesäten Arbeitsplätze von Profi-Killern bedroht…

Arbeitsplätze verändern sich. Um aus Kohle mehr Kohle zu machen, sollte man vielleicht eher zu einer Bank wechseln. Oder zur AfD – die ja auch aus „brauner Kohle“ Profit schlägt. Und ein „Kohle-Kumpel“ – ist das nicht das schwule Gegenstück zum „Sugar Daddy“? Auch die Milchmädchen sind ja nicht wirklich verschwunden. Sie heißen nur anders: Nämlich Energie-Konzern-Manager!

Warum wir die Sonne verdunkeln!

Wissenschaftler der Universitäten Harvard und Yale beschreiben die Möglichkeit, mithilfe von Flugzeugen in 20 Kilometer Höhe großflächig chemische Substanzen zu versprühen und so die Sonneneinstrahlung zu dimmen, was die Klimaerwärmung aufhalten könnte. Unklar ist, ob diese Erkenntnisse entstanden, nachdem die Wissenschaftler selbst chemische Substanzen inhalierten…

Sicher hat der Gedanke seinen Charme: Wir schicken einfach ein paar sprühende Spezialflugzeuge los – schon verdunkelt sich die Sonne und das Klima wird kühler. Im Gegenzug gurken wir weiter fröhlich in unseren fetten Autos rum und fliegen vier Mal im Jahr in den Urlaub. Kreative Lösung! Dummerweise ist das Ganze sehr teuer, die Nebenwirkungen (Missernten, extreme Wetterphänomene etc.) nicht klar und sogar die Wissenschaftler empfehlen es nicht ausdrücklich.

Sehr viel einfacher wäre eine andere Form der Sonnenverdunklung: Schlösse jeder Erdenbürger außerhalb der Schlafenszeit am Tag eine Stunde die Augen und täte einfach mal nichts– die Sonne wäre genauso verdunkelt, der CO2 Ausstoß sänke, die Menschen wären entspannter und weniger aggressiv, Volkswirtschaften sparten Milliarden aufgrund einer um vielfach gesünderen Bevölkerung – und niemand müsste den Planeten mit zusätzlichem Flugverkehr belasten.

Solche schlichten Lösungen sind natürlich nicht gewollt, denn das zentrale Problem ist nicht die zu helle Sonnenstrahlung auf der Erde – sondern die real existierende Verdunklung in den Hirnen der Menschen. Donald Trump etwa zweifelt den Klimabericht seiner eigenen Wissenschaftler an – da stellt sich schon die Frage, ob in seinem Hirn je die Sonne der Einsicht schien? Vielleicht sollte man eher nach Möglichkeiten suchen, die Köpfe der Leute heller strahlen zu lassen – warum gibt es dafür keine chemischen Substanzen, die man großflächig versprüht?

 

Was Konservative träumen!

Friedrich Merz und Jens Spahn brechen zurzeit christlich-konservative Tabus en masse. Merz fordert ein Umdenken in der Asylpolitik, Spahn will noch mal über den Migrationspakt reden. Anscheinend kommt das Spekulieren über die Wiedereinführung des Gestrigen in CDU-Kreisen gut an. Denn die konservative Seele, Bewahrerin des Althergebrachten, leidet unter den vielen Veränderungen unserer Zeit.

Welche krassen Tabubrüche trauen sich konservative Kandidaten demnächst? Hier ein paar Vorschläge: Neben der Homo-Ehe sollten Abtreibungen thematisiert werden. Nicht, dass man unbedingt gegen Abtreibungen wäre, aber es soll doch mal wirklich alles auf den Tisch dürfen… Was ist mit dem Frauenwahlrecht? Wurde das nicht auch etwas überstürzt eingeführt vor 100 Jahren? Wenn „Mann“ sieht, wie schmerzhaft Entscheidungen vor dem Kleider- oder Schuhschrank für Frauen sind – wäre es da nicht eine konservative Pflicht, Frauen diese Wahl-Schmerzen zu ersparen?

Überhaupt: Wählen! Was ist denn mit der Monarchie? Nicht, dass man für die Wiedereinführung wäre, aber es war immerhin ein System, das Staatenlenker von Geburt an auf ihre Tätigkeit vorbereitete – also Fachpersonal einsetzte anstelle arbeitsloser Lehrer… Was könnte man sich mit dem für Parteien und Wahlen eingespartem Geld nicht alles an Wohltaten für das Volk leisten?

Wo wir schon bei guten alten Traditionen sind – war denn wirklich alles schlecht bei Hexenverbrennungen? Jeder von uns kennt doch den/die eine(n) oder andere(n) HexerIn (mit dem Genderwahn muss natürlich auch Schluss sein), die/der ganz gut etwa Feuer unterm Allerwertesten gebrauchen könnte. Das wäre doch auch für RTL ganz lustig! Apropos Gaudi: Christen den Löwen zum Fraß vorwerfen – das war doch auch mal ein Heidenspaß (im wahrsten Sinne des Wortes)… Aber nein, so weit darf man nicht gehen. Schon, weil es kaum noch echte Christen gibt – und noch weniger Löwen.

Warum wir vermietert werden!

Kennen Sie die Wohnungsgesellschaft Vonovia? Nicht? Gut, bis vor kurzem hieß die ja auch noch anders, nämlich Deutsche Annington. Doch leider wurde der Ruf so mies, dass die Firma aus Imagegründen den Namen ändern musste. Das kennt man von Monsanto (jetzt Bayer). Oder Verona Feldbusch (Pooth). Auch ich hieß nicht immer Chin, aber Schwamm drüber… Wer weiß, vielleicht wird auch Friedrich „Mittelschicht“ Merz irgendwann seinen Namen ändern müssen – in Friedrich April-April. Doch hier geht es nicht um Merz – sondern um die Vonovia und ihren genialen Nebenkosten-Coup. Nebenkosten – oder wie Donald Trump sagen würde: „Gib ihr 130.000 Dollar, damit sie die Klappe hält…“

Das Schöne an Nebenkosten-Abrechnungen ist ja, dass sie in etwa so leicht lesbar sind wie das Steuergesetzbuch. Diesen Umstand nützen einige Vermieter schamlos aus und zocken überhöhte Nebenkosten ab. Die Vonovia ist besonders gerissen: Hausmeisterdienste, Schneeräumdienste, Handwerker sowie Ablesedienste und TV/Internet-Anschlüsse, ehemals extern durchgeführt, werden jetzt von Tochterfirmen getätigt. „Insourcing“ nennt sich das, wenn einst outsourcte Tätigkeiten wieder in die Firma geholt werden – Horst Seehofer kann ein Lied davon singen, als er nach seiner Berliner Affäre in den Schoss der Familie zurückkehrte… Kurz darauf verteuerten sich die Nebenkosten, für die Vonovia-Mieter aufkommen mussten, drastisch (nach dem Vonovia Insourcing, nicht dem von Seehofer). Der Hausmeister-Tagessatz der Vonovia lag an einigen Standorten bei 1000 Euro – wenn Sie als Arzt nicht genug verdienen, schulen Sie um.

Nun sind das, wie die Vonovia beteuert, höchstens bedauerliche Einzelfälle – doch im Vergleich mit der Summe dieser Fälle wirkt China wie ein menschenleeres Land… Gottseidank hat es dem Aktienkurs des DAX-Konzerns nicht geschadet – der stieg in den letzten fünf Jahren um 138 Prozent. Größter Aktionär: Blackrock! Vielleicht geht es also doch ein klein wenig um Friedrich April-April…

Warum wir alle etwas mittelschichteln!

„Ich bin seit kurzem Millionär. Das können Sie auch!“ Ich stand auf einem mallorquinischen Hang mit Meer-Blick und wiederholte den Satz. Etwa 150mal. Dann erst fand der Regisseur, dass der Satz glaubhaft war und somit den Werbeauftrag der Lotto-Firma „Faber-Lotto“ erfüllte. Das war 2001 und ich war natürlich kein Millionär, sondern ziemlich abgebrannt. Aus eigener Erfahrung weiß ich also, wie schwer der Satz „Ich bin Millionär“ fällt. Und habe daher Verständnis für Friedrich Merz, der den Satz ebenfalls nicht über die Lippen kriegte.

Andererseits: Wenn jemand jahrelang für die kapitalistischsten aller kapitalistischen Kapitalmarktfirmen wie Blackrock oder HSBC Trinkaus & Burckardt arbeitete, Tagessätze von 5000 Euro aufrief, zudem in zahlreichen Aufsichts- und Verwaltungsräten vertreten ist und trotzdem nur gehobene Mittelschicht ist, dann kann der entweder nicht gut verhandeln und investiert schlecht – oder er zählt sich zu den falschen Gruppen. Was sagt das wiederum darüber aus, dass er sich auch zu den Kandidaten für den CDU-Vorsitz zählt?

Vielleicht hat Herr Merz schlicht ein Schichten-Erkennungs-Problem? Vielleicht erschien er früher schon immer zur Spätschicht, wenn er Frühschicht hatte? Auf jeden Fall wird er in einer Führungsposition einiges für die Mittelschicht bewegen wollen: etwa die Erbschaftssteuer für Konzern-Erben senken… Vermutlich sieht sein Programm zur Stärkung der Mittelschicht so aus: Einkünfte oberhalb einer Million sind steuerbefreit, auf Villen ab einer Grundfläche von 200 qm fällt keine Grundsteuer mehr an– und wer das zweite Flugzeug gegen ein neueres Modell eintauscht, erhält eine Abwrackprämie!

Diese Schichtenblindheit hat auch ihr Gutes: Wenn Friedrich Merz einem Bettler einen Euro gibt, sagt er wahrscheinlich: Wir Mittelschichtler müssen einfach zusammenhalten!

 

Warum die AfD jetzt Flüchtlinge aufnimmt!

Ausgerechnet Ausländergeld ist es, dass der AfD jetzt Kopfzerbrechen bereitet. Die Partei erhielt vor der Bundestagswahl eine Großspende aus der Schweiz über 132.000 Euro. Nun dürfen deutsche Parteien keine Spenden aus dem Ausland annehmen. Obwohl die AfD, wie wir wissen, ohne Abschiebe-Bescheid nur sehr ungern Ausländisches überhaupt anfasst, schob sie die Spende erst im April dieses Jahres wieder in die Schweiz ab.

Besonders delikat: Die Spende kam über einen Nahrungsmittelergänzungs-Vertrieb „ohne operatives Geschäft“. Welche Phantom-Nahrungsergänzungsmittel könnten das sein? „Deutsches Eichenrindenpulver zur Behebung von Heimatverstimmung“? Die Überweisung hatte zudem den Verwendungszweck „Wahlkampfspende für Alice Weidel“. Er hätte die Spende nur für einen Geschäftsfreund weitergeleitet, soll der Verwaltungsrat dieser „Pharma-Firma“ behauptet haben. Moment mal: Anonyme Spende? Treuhänderisch weitergeleitet? Gute 100.000 Euro? Wo steckt eigentlich Waffenhändler Schreiber? Hat irgendjemand in letzter Zeit Wolfgang Schäuble gesehen? Wurde das Geld etwa nur überwiesen, weil gerade kein Briefumschlag zur Hand war?

Alice Weidel und die AfD haben also ein kleines Problem. Da hilft nur eins: Die Schweiz muss aufhören, fälschlicherweise als Ausland deklariert zu werden. Immerhin wohnt die Alice ja schon dort. Einen Brückenkopf in der Schweiz hat Deutschland also bereits. Und hieß es nicht in einem beliebten Deutschland-Lied aus den „Vogelschiss-Jahren“: „von der Etsch bis an den Belt“? Das schließt doch die Schweiz als südliche Rand-Provinz eindeutig mit ein! Sollte der „Anschluss“ wieder mal an eidgenössischer Halsstarrigkeit scheitern, wird die AfD ihre Strategie ändern müssen: Wirtschaftsflüchtigem Geld wird auf deutschen Flüchtlingsheim-Konten gern Asyl gewährt. Welcome Refugee-Money! Oder in Umdichtung einer deutschen „Weisheit“: Am Schweizer Spendenwesen soll die AfD genesen!

Was am Abort lauert!

Der ultimative Albtraum eines jeden Mannes ereignete sich in Thailand. Ein unschuldiger Mann nimmt auf der Toilette Platz – und wird prompt von einer im Abflussrohr wartenden Schlange (eine Python gar!) in sein bestes Teil gebissen. Tja, denkt man, „da beißt sich die Schlange eben in den Schwanz – oder was sie dafür hielt…“ Andererseits werden jetzt viele Männer aus nackter Python-Panik erst recht darauf bestehen, nie wieder im Sitzen zu urinieren…

Nun ist es relativ unwahrscheinlich, dass sich Derartiges auch in Europa ereignet – bei uns sind die Schlangen im Klo eher politischer Natur. Die italienische Regierung etwa soll einen Geldregen von der katholischen Kirche erhalten – will ihn aber nicht, obwohl sie ziemlich pleite ist. Die katholische Kirche hat nämlich über Jahre keine Immobiliensteuern entrichtet – auch weil der italienische Staat sich nicht traute, diese einzufordern. Statt sich das ihr zustehende Geld aber von der Kirche zu holen, wittert die rechts-linkspopulistische Regierung eine Verschwörung aus Brüssel, also den Toiletten-Schlangenbiss der EU, weil Brüssel Italien und den Vatikan anhalten möchte, die eigenen Gesetze einzuhalten. Interessant daran ist, dass Italiener zwar einerseits lauthals gegen Islamisten zetern, andererseits jedoch selbst in einem Gottesstaat zu leben scheinen…

Ex-Geheimdienstchef Hans-Georg Maaßen wiederum sieht sich einer linksradikalen Verschwörung der SPD ausgesetzt – welche Drogen muss man eigentlich einnehmen, um auf solche Gedanken zu kommen? Das sind nur einige der Schlangen im Klo der Demokratie. Der Penis des Thailänders wurde übrigens mit 15 Stichen genäht – Im Falle von Italien, das mit einem Verfahren aus Brüssel rechnen muss, oder Herrn Maaßen, der jetzt ein Disziplinarverfahren am Hals hat, werden ein paar Nadel-Stiche nicht reichen.

Warum als junger Mann nicht nach Neukölln ziehen sollten!

In China gibt es jetzt einen „Social Score“: Wenn Sie häufiger mal den Gehweg fegen, die Regierung loben und gern lächeln, erhalten Sie einen hohen „Sozial-Punktestand“. Dann kriegen Sie allerhand Vergünstigungen. Sind Sie jedoch eher schlecht gelaunt, „fege-faul“ und nörgeln gern rum – dann wird es schwer für Sie. In China wären daher viele Sachsen komplett aufgeschmissen…

Nun ist sicherlich nicht viel dagegen einzuwenden, dass Menschen häufiger mal freundlich sind – nur ist leider überhaupt nicht klar, ob Big Data wirklich die Wahrheit abbildet. Vielleicht vergewaltigt der freundliche Gehwegs-Feger heimlich eine Sklavin im Keller – jedes Mal, wenn so etwas ruchbar wird, sagen die Nachbarn ja schließlich auch, dass sie die Bestie als zwar stillen, aber freundlichen und guten Menschen erlebt hätten… Der schlechtgelaunte Nörgel-Chinese hingegen hat vielleicht einfach nur in Dresden studiert…

Was gehen mich die Chinesen an? wenden Sie jetzt vielleicht ein. Nix – außer, dass Big Data auch hierzulande im großen Stil gesammelt wird. Jedes Mal, wenn Sie mit EC- oder Kreditkarte zahlen, umziehen, heiraten, sich scheiden lassen, zum Arzt gehen oder von öffentlichen oder Laden-Kameras gefilmt werden, hinterlassen Sie Datenspuren, gegen die die Kettenprofile eines Schützenpanzers auf matschigem Gelände so unauffällig wirken wie die Gestaltungsgewalt der GroKo. Ziehen Sie etwa nach Berlin-Neukölln, tragen einen arabischen Namen, sind 22 Jahre alt, männlich und Single – dann wird es sehr schwer, einen günstigen Mobilfunkvertrag geschweige denn einen Kredit zu erhalten… Big-Data-Scoring wird nämlich auch in Deutschland schon intensiv angewendet – Tendenz steigend. Der Unterschied zu China: Da hat wenigstens noch die Regierung das Heft in der Hand – und nicht Amazon, Apple, Google, Facebook, Microsoft oder der amerikanische Geheimdienst…

 

Warum wir Kochen gucken!

Das Volk der Dichter und Denker wird immer dicker. Darunter leiden Gesundheit, Kleider-Auswahl, vor allem aber die Partnersuche, wenn sich einige Kilos in Relation zur Körpergröße als Über-Investition erweisen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen will diesem Missstand durch Informationen über eine uralte Kulturleistung des Menschen beikommen: Kochen!

Insgesamt 35 Kochsendungen bietet die ARD. Vermutlich wurzelt das Phänomen in der uralten Sehnsucht des Menschen nach gemeinsamer Kocherfahrung. In der Steinzeit noch Normalität, ist sie heutzutage genauso selten wie Mammut-Steak. Daher strömen die Menschen vor die Bildschirme, um zwischen „Zu Tisch“, „Schmatzo“, „Lust auf Backen“, und „Gefülltes Kraut und Quetschesuppe“ (um nur einige wenige zu nennen) dem urzeitlichen Drang nach kollektiver Essbereitungsillusion zu frönen. Leider bleibt es bei der Theorie – nach mehreren Stunden Kochsendung ist man von Chips und Cola so satt, dass die Küche kalt bleibt.

Zum Dessert gibt es von den „Öffis“ Quiz-Sendungen. Allein die ARD bietet etwa 25 Formate. Dort erfährt man, dass das Wort Amok aus dem Malaiischen entliehen ist, welche Deutsche bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck den Slalom und den Abfahrtslauf der Damen gewann und wie die letzte Lebensgefährtin von Franz Kafka hieß. Lebenswichtige Informationen also. So kann man den lieben langen Tag entspannt auf der Couch verbringen und an Kochen und Bildung denken. Komischerweise nimmt man dadurch auch etwas zu und verdichtet so den Körperumfang. Das ist dann die logische Steigerung des Volkes der Dichter und Denker – die immer dichteren Denker…