Kolumne

Warum wir Kanzler sind!

Als die Stuttgarter Polizei Ende Juni mit der Stammbaumforschung begann, um herauszufinden, ob bei einigen Krakeelern der Krawallnacht nicht doch ein heimlicher Migrationshintergrund vorlag, taten es ihr viele Deutschen gleich. Der Ministerpräsident von NRW, Armin Laschet, fand auf diese Weise raus, dass er wahrscheinlich von Karl dem Großen abstammt. „Toll,“ wird der Armin gedacht haben, „Karl der Große, Donnerlüttchen! Das ist ja mal ne Empfehlung fürs Kanzleramt! Will nicht wissen, von wem der Markus Söder so abstammt. Heinrich der Löwe, mehr wird da nicht drin gewesen sein – und der Heinrich war nur Herzog, Über den man später herzog, weil er im Krieg nicht mitzog, und dann sein Herzogtum einzog.“

Damit offenbart der Laschet nicht nur seinen Migrationshintergrund (Karl wuchs in Frankreich auf) sondern auch seine genetische Abstammung von einem Völkermörder und Sachsen-Schlächter (5000 Sachsen wurden an einem einzigen Tag an der Aller geköpft). Doch noch jemand anders wurde hellhörig: ich! Auch mein Stammbaum geht auf Karl den Großen zurück. Ich bin zusätzlich mit Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen verwand, also allererste genetische Sahne, da kann der Jens Spahn einpacken mit seiner holländischen Oranje-Familie. Das wäre was: Der Armin und ich – Dream-Team Twenty-One!

Während ich vor meinem geistigen Auge schon unsere Doppel-Krönung vor mir sehe (Hallo, Reichsbürger, euer Traum wird wahr), gucke ich vorsichtshalber im Netz nach, ob wir nicht einen weiteren Nachkommen des großen Kaisers übersehen haben. Und siehe da: Es gibt in der Tat noch einen. Also, es sind, um ehrlich zu sein, viele. Sehr viele. Statistisch gesehen hat höchstwahrscheinlich jede*r Deutsche mit wenigstens einem deutschen Großelternteil Karl den Großen als Vorfahren! Eigentlich müssten also alle Deutschen als rechtmäßige Karls-Nachfolger dieses Land regieren… Am besten wäre eine Art kollektiver Team-Verwaltung – wie heißt das noch mal… Demokratie, richtig. Wie wäre es damit?

Warum die Wirtschaft Theater spielt!

Kennen Sie den Unterschied zwischen einer Bank und einem Theater? Im Theater werden gute Schauspieler schlecht bezahlt… Seit Jan Marsalek für Wirecard sogar Schauspieler inklusive der Erstellung falscher Bank-Kulissen engagierte, um für die Wirtschaftsprüfer von EY das „Wirecard hat noch 1,9 Milliarden Euro auf den Philippinen rumliegen-Drama“ aufzuführen, dürfte sich die Bezahlung allerdings etwas verbessert haben.

Das Theaterspiel begleitet die Menschheit schon seit ihrer Entstehungsgeschichte – es drückt die Sehnsucht unserer Gattung aus, im Gespielten eine Wahrheit zu sehen, die tiefer geht als das was man gemeinhin „tägliche Mühsal“ nennt. Der Erfolg von Trash-TV ist allerdings der Beweis, dass es auch eine Sehnsucht nach Lügen gibt, die erheblich flacher sind… Dem dadurch gesenkten Standard guten Schauspiels ist es vermutlich zu verdanken, dass die Wirtschaftsprüfer sich so lange von Wirecard einlullen ließen.

Die Skandalfirma ist vielleicht ein besonders auffälliger Fall, aber dass man in der Finanzwirtschaft auf massenhaft Schauspielerei stößt, wird schnell klar, wenn ein Bankberater sagt, dass er ein „wirklich tolles Finanzprodukt“ habe. Einer Studie der Universität Zürich zufolge hängt das mit dem Job zusammen: 200 Banker wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe schwor man auf „Banker-Verhaltensnormen“ ein, die andere auf private Normen. Anschließend warfen alle unbeobachtet 10 Mal eine Münze und sollten anschließend sagen, wie häufig sie „Zahl“ erhielten. Dadurch konnten sie ihr Einkommen um bis zu 200 US-Dollar steigern. Resultat: Die Banker, welche zuvor mit den Normen der Bank geimpft wurden, logen im Schnitt 16 Prozent häufiger als die „Privaten“. Bei anderen Berufsgruppen wurde diese Verzerrung nicht beobachtet – allerdings wurden keine Politiker getestet…

So erklärt sich auch der Unterschied zwischen einer Psychiatrie und einer Bank – in der Psychiatrie ist wenigstens der Direktor geistig gesund!

Warum wir gewarnt sein sollten!

Vorgestern war „nationaler Warntag.“ Also, hätte… Hätte sein sollen. War aber nicht. Weil das mit dem Warnen anscheinend nicht so einfach ist. Gerade in Berlin, wo sämtliche Sirenen abgebaut sind, fiel es dem Alarm schwer – dabei hatte ich mich schon so drauf gefreut. Schließlich handelt es sich um den Sound meiner Kindheit. Jede Woche heulte es und wir mussten zu zweit das Klassenzimmer verlassen. Manchmal gab es auch Atombombenalarm, da durften wir uns unter den Tischen verstecken – die Älteren mussten sogar noch die Aktentasche über den Kopf halten, aber wir Jüngeren wussten, dass das Quatsch war. Nur Schulpulte schützen nachhaltig vor Atombomben…

Dabei gäbe es so viel, vor dem wir in Deutschland warnen sollten. Etwa vor der zunehmenden Gefühlskälte, die in ganz Europa zu der politischen Weigerung führt, die obdachlosen Flüchtlinge aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria aufzunehmen. Oder vor der sich ausbreitenden Ungleichheit der Vermögen. Oder dem schwindenden Vertrauen der Menschen zueinander. Oder vor der zunehmenden Desinformation, also der Verwirrung im Frontallappen des menschlichen Hirns.

Auf der Seite „dubisthalle.de“ fand ich folgende, bezeichnende Kommentarabfolge: Peter: „In der nördlichen Innenstadt war auch keine Sirene zu hören.“ Darauf ein User namens „Sachverstand“: „Es gibt in Halle keine einzige Sirene mehr.“ Peter: „Ja, aber in der nördlichen Innenstadt war keine zu hören.“ Sachverstand: „Deshalb, weil es im Stadtgebiet KEINE mehr gibt.“ Peter: „Die nördliche Innenstadt gehört zum Stadtgebiet.“ Sachverstand: „Eben und im GESAMTEN Stadtgebiet gibt es KEINE EINZIGE SIRENE mehr. Ist das so schwer zu begreifen?“ Peter: „Aber es kann doch nicht nur die nördliche Innenstadt betroffen sein.“ Doch, möchte man sagen, es ist nur die nördliche Innenstadt betroffen. Vorausgesetzt, damit ist ein Verständnis-Areal im Frontallappen gemeint…

Warum wir so ungern waschen!

Die Anekdote will es, dass Männer ihre Wäsche gern in zwei Haufen sortieren: einen dreckigen Wäschehaufen – und ein dreckiger Haufen, der noch mal getragen werden kann. Nach diesem Prinzip sortiert die Bundesrepublik scheinbar auch die Geldwäsche hierzulande. Resultat: Deutschland ist eines der wichtigsten Geldwäscheparadiese weltweit.

Immer wieder gern mit dabei: die Deutsche Bank, wo die Ermittler so häufig ein und ausgehen, dass man ihnen eigentlich einen Hausschlüssel mitgeben sollte, damit sie nicht andauernd klingeln müssen. Bis 2015 war die Deutsche Bank Korrespondenzbank für eine Filiale der „Danske Bank“ in Estland, welche über die Deutschen 150 Milliarden Euro korrupter postsowjetischer Eliten „wuschen“. Korrespondenzbanken erledigen Bankgeschäfte für andere Banken in Ländern, wo diese selbst nicht tätig sein können. Wozu das in der EU, die ja banktechnisch als Einheit gilt, nötig ist, und weshalb eine dänische Bank dann unbedingt auf eine deutsche gerade im Baltikum zurückgreift (kleiner Reichsbürgeranfall???), wissen nur die Götter.

Die Banken haben allerdings (sogar die Deutsche!) Besserung gelobt. Davon sind andere Bereiche im Geldwaschsalon noch weit entfernt. Im Immobiliensektor gilt es höchstens als Beispiel gelungener Integration, wenn ein Taxifahrer aus dem Libanon ohne Deutschkenntnisse eine Luxuswohnung im Grunewald bar bezahlt.

Die deutsche Wasch-Polizei, das FIU (Finance Intelligence Unit), ist interessanterweise nicht mit Polizei-Kompetenzen ausgestattet, sondern beim Zoll angesiedelt. Das ist in etwa so sinnvoll, als würde man die Aufklärung eines Bankraubs einem Schamanen übertragen. Aber vielleicht wollen Politiker, die mehrheitlich nicht daran interessiert sind, ihre Nebeneinkünfte offenzulegen, auch bei anderen lieber nicht so genau wissen, wo das Geld herkommt…

Die Niederlande haben übrigens angekündigt, ihre Rolle als Steuervermeidungsparadies, wo sie bislang in der EU-Champions League ganz vorn mitspielten, niederzulegen und zu einem Champion der Steuergerechtigkeit aufzusteigen. Das sollte uns Deutschen ein Beispiel sein – oder wollen wir uns schon wieder von Holländern besiegen lassen?

Warum wir grün investieren!

Ab dem nächsten Jahr sollen Bankberater verpflichtet werden, ihren Kunden auch nachhaltige Geldanlagen anzubieten. „Bitte, was?“ werden Sie jetzt verwirrt fragen. Nachhaltige Geldanlagen – Sustainable Investments, wie die Experten sagen. „Ach“, denken Sie, „dann ist ja alles klar…“ Leider nicht. Weil kaum jemand weiß, was wirklich nachhaltig ist… Wenn die Firma Shell ihren CO2-Ausstoss senkt und auf einmal klimaneutral ist (keine Sorge, das ist ein sehr theoretisches Beispiel), dann spart sie sehr viel mehr ein als etwa eine kleine Windkraftfirma – ist das dann nachhaltig oder nur der Versuch, den ruinösen Öl-Handel am Leben zu halten?

Um nachhaltiges Investieren zu vereinfachen, gibt es eine Abkürzung: ESG – das müssen Sie als nachhaltiger Investor kennen. Es steht für Ecological (Umwelt), Social und Governance (Lenkungsform). Firmen oder Fonds legen einen sogenannten „ESG“-Filter über ihre Firmenpolitik und Anlagen, und husch – schon ist das nachhaltige Investment geboren. Wem ESG nicht reicht, der kann auch SRI (soically responsible Investment) machen. Oder SDG (sustainable Development Goals) festlegen. Oder GBP (Green Bond Principles) anwenden. Nicht zu vergessen das GIIN (Global Impact Investing Network), GES (Global Engagement Services), PRI (Principles of Responsible Investment), TCFD (Task Force for Climate related Financial Disclosure), GABOV (Global Alliance for Banking on Values) und natürlich das wunderbar deutsche CSR-RUG (Corporate Social Responsibility – Richt-Linien-Umsetzungsgesetz).

ESG muss sich durchsetzen, und zwar in allen Lebensbereichen. In ein paar Jahren werden Kriminal-Prozesse so laufen: „Angeklagter, warum haben Sie Ihre Schwiegermutter mit dem Messer erstochen?“ „Wegen ESG. Eine Pistole braucht Blei, Blei ist ein Rohstoff, das wäre umweltschädlich. Also E. Dann das S: Meine Tat war sozial – die Gemeinschaft muss der miesen Vettel keine Rente mehr zahlen. Schließlich G – ich habe sie kurz vor ihrem Tod zum ersten Mal richtig nett angelächelt, sie starb mit einem Lächeln auf den Lippen.“

Warum wir so deutschfeindlich sind!

132 Straftaten gab es im letzten Jahr – Straftaten, die unter dem seit 2019 geltenden Gütesiegel „deutschfeindlich“ geführt werden. Sicher, im Spektrum der politisch motivierten Straftaten von insgesamt etwa 44.000 und über 10.000 ausländerfeindlicher und antisemitischer Vergehen scheint die Kategorie „deutschfeindliche Verstöße“ verschwindend gering, was auch mit ihrer ausgemachten Schwachsinnigkeit zu tun hat.

Der Bundesinnenminister hatte es für nötig befunden, den in rechten Kreisen populär gewordenen Kampfbegriff „Deutschenfeindlichkeit“ als Hommage an die AfD in die Statistik einfließen zu lassen. „Deutschfeindlichkeit“ ist der verzweifelte Versuch der Mehrheitsgesellschaft, auch mal Opfer zu sein. Nun ist es sicher nicht angenehm, von einem „ausländisch“ aussehenden Menschen als „deutsches Schwein“ tituliert zu werden. Allerdings ist das eine Beleidigung, die geahndet werden kann. Sogar wenn das Wort „deutsch“ fehlt.

Kompliziert wird es, wenn der Beleidigende auch deutscher Staatsbürger ist und somit Teil der Gesamtgruppe „dummer, deutscher Schweine“. Oder wenn ein türkischer Migrant einen schwarzen Deutschen beleidigt – ist das rassistisch oder „deutschfeindlich“ oder beides? Die Statistik weist genug absurde Fälle auf: Die AfD in Chemnitz beklagte den Diebstahl von vier Plakaten als „deutschfeindliche Straftat“… Ein Berliner Schüler dichtet seinen Rektor an: „Halt’s Maul, du Dreck, du Schwein! Ich bin von Allah erschaffen und du bist klein!“ – man könnte das auch als Annäherung ans „Volk der Dichter und Denker“ verstehen…

Vollends absurd wird der Begriff der „Deutschfeindlichkeit“, also der „gegen Deutsche und Deutschland gerichteter Vergehen“, wenn man bedenkt, dass Adolf Hitler für den Tod von etwa 10 Millionen Deutschen und gigantischen deutschen Gebietsverlusten verantwortlich ist und neben seiner Karriere als Antisemit posthum noch wegen „Deutschfeindlichkeit“ verurteilt werden müsste. Am „deutschfeindlichsten“ sind also immer noch die Deutschen – willkommen im „Schilda der Kriminalitätsstatistik“!

Wöfür wir demonstrieren sollten!

Die Berliner Versammlungsbehörde hatte die Demonstration von Corona-Maßnahmen-Kritikern am Wochenende verboten. Wenn die Sicherheit der Demonstrierenden und Unbeteiligter gefährdet ist, ist so etwas anscheinend möglich…

Unmöglich ist allerdings das flinke Mundwerk des Innensenators, der „nicht bereit ist, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird.“ Der Satz war in etwa so schlau wie das Löschen eines Hausbrands mit Petroleum – schließlich ist die Mehrheit der Demonstranten nicht rechtsextrem. Zumal „Reichsbürger und Rechtsextremisten“ eine Tautologie ist, eine unnötige Dopplung – so wie „schwarzer Rappe“, „kopflose Corona-Politik“ oder eben „durchgedrehter Innensenator“.

Die meisten Demonstrationsteilnehmer sind auch keine „Corona-Leugner“ – sie halten das Virus durchaus für real, aber nicht für so gefährlich, dass sie freiheitseinschränkende Maßnahmen gerechtfertigt finden. An der Stelle sollte eine faktenbasierte Diskussion ansetzen – leider zeigt Herr Geisel, dass auch er überreagiert. Jetzt wird auf Seiten der Veranstalter wieder die Opferkarte gespielt, und in sozialen Medien überschlagen sie sich mit Hinweisen auf eine „Corona-Diktatur“.

Natürlich leben wir in einer Diktatur. Die Diktatur der Mehrheit über die Minderheit – auf deutsch: Demokratie! Ein beschissenes System, keine Frage, aber immer noch beste aller beschissenen Systeme. Ich persönlich bin eher für eine Art wohlwollender Monarchie, vorausgesetzt: ich bin König, klar. Solange das keine Mehrheit findet, sollten wir die Diktatur der Mehrheit erdulden. Wenn die Minderheit sagt, wo es lang geht, nennt man das „Oligarchie“ – nachvollziehbarerweise kommt eine große Anzahl der Desinformationen zum Thema Corona (und anderer Verschwörungstheorien) aus Russland…

Da hilft nur das Spiel „Differenzierung“. Kein besonders aufregendes Spiel, aber wenn ich erst König bin, wird es Gesetz!

Warum wir jetzt gar nichts mehr tun!

Möchten Sie gern 1600 Euro für Nichtstun erhalten? Die HfBK in Hamburg vergibt drei solcher Stipendien, auf die man sich bewerben kann. Viele von ihnen werden jetzt ins Nachdenken kommen: 1600 Euro für Nichtstun – in den meisten Führungsetagen wird das doch mit einem Vielfachen davon vergütet…

Nun hat Nichtstun keinen besonders guten Ruf: Nichtstun führt zu nichts schaffen; wer nichts schafft, wird schnell ein Nichtsnutz – und wer keinen Nutzen hat, ist gesellschaftlich untendurch. Oder Investmentbanker. Dabei ist Nichtstun gar nicht so leicht. Im Buddhismus gibt es Mönche, die das mehrere Leben lang üben – das einte den Buddhismus mit deutschem Beamtentum.

Nichtstun ist etwas, das diese Gesellschaft um jeden Preis vermeiden möchte. Wenn etwa entspannt wird, dann bitte mit Absicht und Ziel. Yoga für die Entspannung, Entspannung für Ausgeglichenheit und Gesundheit, Gesundheit für bessere Performance, am besten gekoppelt mit Achtsamkeit und Meditation für erhöhte Leistungsfähigkeit. Absichtslosigkeit ist das neue Kapital-Verbrechen des 21. Jahrhunderts.

Auch der deutsche Beamte ist mittlerweile weit weg vom Ideal des Nichtstuns und genauso gestresst wie alle anderen auch – hat aber dafür ein sicheres Einkommen. Was man von Hotelangestellten, Reiseveranstaltern und Piloten nicht mehr behaupten kann…

Vergeben wird das Stipendium im Rahmen einer Kunst-Ausstellung namens „Schule der Folgenlosigkeit“. Hätte man mich gefragt, müsste ich antworten, dass die „Schule der Folgenlosigkeit“ ein Synonym für meine gesamte Schulzeit ist – aber mich hat halt keiner gefragt…

Viele Menschen steuern im Zuge der Corona-Krise auf eine Intensiv-Phase des Nichtstuns zu. Wobei man Nichtstun nicht mit panischem Aktionismus verwechseln darf. Nichtstun ist kreative Unterlassung bis hin zur Einstellung jeglicher Gedankentätigkeit. Der Bundestag macht es vor. Siehe Digitalisierung, Energiewende, Steuerreform. Daher mein Vorschlag für den Hauptstipendiaten: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, dessen kreatives Nichtstun bei der Ausländermaut die gelungenste Shakespeare-Inszenierung der letzten Jahre darstellt: Viel (teurer) Lärm um nichts!

Warum der Karneval stattfindet!

Karneval? Geht gar nicht dieses Jahr, findet Gesundheitsminister Spahn und löst damit eine Welle der Empörung aus. Jecken speziell im Westen finden, dass es jetzt wirklich reicht. Urlaub gestrichen – kann man verknusen. Antalya war ja schon im letzten Jahr nicht mehr das, was es mal war, schon wegen Erdogan und so; jetzt ist auch noch die Hagia Sofia wieder ne Moschee, das ist doch wie Tiramisu mit Döner, nein danke… Oktoberfest abgesagt – geht auch noch. Saufen ohne Tusch ist eh unkultivierter Quatsch… aber Karneval, das Fest der Feste, wo man mal richtig die Sau raus- und den Virus reinlassen konnte in bester Heinsberger Manier, das geht ja nun mal gar nicht.

Karneval – das war immer schon Ausnahmezustand, der Aufstand der Unanständigen, wo man nur mit Perücke und hinreichend Bier bewaffnet durch die Stadt ziehen und andere Besoffene beiderlei Geschlechts hemmungslos befummeln konnte, um so der Geburtenrate einen Turbo zu verpassen… (9 Monate nach Karneval steigt die tatsächlich in den Karnevals-Hochburgen an) – wenn der jetzt nicht mehr stattfindet, dann ist dieses Land womöglich wirklich am Ende.

Wirklich? Immerhin ist Karneval das Fest der Verkleidung, der Masken… Und Masken sind momentan schwer angesagt. Wenn man sich den Zirkus ansieht, der rings um diese neue Verkleidung aufgemacht hat, mit fanatischen „Masken-Faschos“, noch fanatischeren Anti-Masken-Nazis und der großen verwirrten Menge irgendwo dazwischen… Wann hat es das je gegeben, dass der Karneval sich ganzjährig über das ganze Land verbreitet und alle zu Jecken werden lässt? Politiker, Virologen, Corona-Skeptiker – jeder agiert närrischer als der andere. Der Karneval fällt nicht aus – er hat schlicht das ganze Land erobert. In der Aufgeregtheit, mit der die Debatte zwischenzeitlich geführt wird, ist allerdings leider das oberste Narrengesetz verloren gegangen: „Jede Jeck es anders…“

Warum wir jetzt Gassi gehen müssen!

Ich kriege immer einen leichten Schreck, wenn Menschen sagen, dass „Tiere die besseren Menschen sind“. Schließlich öffnet sich mit jeder Verallgemeinerung das Tor zur Hölle ein wenig weiter… Was zum Teufel meinen sie damit? Meinen Sie Katzen, die noch ein wenig mit halbtoter Beute spielen, um sicherzustellen, dass sie auch wirklich tot ist? Schimpansen-Männchen, die den Nachwuchs einer begehrten Schimpansen-Dame töten, um sie wieder paarungsbereit zu machen? Delfine, die das auch tun und die Weibchen anschließend zu Gangbangs mit mehreren Männchen zwingen? Und bevor es jetzt heißt, dass das ein klassisch männliches Problem wäre: Schimpansen-Weibchen wurden auch schon beim Infantizid (Kindsmord) beobachtet.

Menschen, die sich unter der obigen Maxime solcherlei Verhalten abgucken, werden vor Gericht Schwierigkeiten haben: „Angeklagter, warum haben sie das Kind ihrer Geliebten getötet und sie anschließend mit einer Gruppe Freunde vergewaltigt?“ „Ich wollte sein wie ein Delfin – Tiere sind die besseren Menschen!“ Unwahrscheinlich, dass diese Verteidigung Erfolg hat.

Tiere sind Tiere – jeder Vergleich mit Menschen ist irreführend. Vermenschlichung und Verniedlung von Tieren bringt uns nicht weiter. Hunde wedeln begeistert mit dem Schwanz, wenn ihr Herrchen oder Frauchen nach Hause kommt. Männer, die selbiges versuchen, können allerdings nicht mit der gleichen Zuneigung rechnen…

Jetzt plant Landwirtschaftsministerin Klöckner, einen „Gassi-Zwang“ einzuführen. Hunde müssen zwei Mal am Tag mindestens eine Stunde ausgeführt werden – viele vor dem Fernseher vergessene Kinder dürften sich insgeheim wünschen, jene Aufmerksamkeit zu erhalten, die einem Pudel jetzt per Gesetz zu Teil wird…. Auch wenn Tiere nicht immer die besseren Menschen sind – manchmal reicht es schon, wenn Menschen bessere Tiere wären…