Kolumne

Warum wir keine dicken Dinger mehr drehen!

Donald Trump hat es zurzeit nicht leicht. Die Sache mit der Mauer stockt, seine Privatfehde mit Jeff Bezos von Amazon läuft auch nicht wie erhofft – jetzt erfolgt der nächste Schlag: Der letzten Gesundheitsuntersuchung zufolge ist der Präsident „fettleibig“. Nicht nur übergewichtig – sondern fett! Zwei Kilo mehr als bei der letzten Untersuchung vor einem Jahr – da hilft vermutlich auch die Ausrede wenig, er hätte beim letzten Wiegen halt keine Erektion gehabt… Natürlich sind das gemeine „fake News“: die Waage war wahrscheinlich ein minderwertiges ausländisches, wenn nicht gar chinesisches, Produkt, welches von illegalen mexikanischen Immigranten ins Weiße Haus geschmuggelt wurde – finanziert durch Jeff Bezos. In einem Wort: Mit Mauer wäre das nicht passiert!

Trump ist jedoch nicht der einzige Übergewichtige, der dieser Tage Probleme hat. Auch dem Airbus A380 geht es an den Kragen. Zu schwer, zu dick, zu teuer, lautet das verheerende Urteil der Kunden. Dicke Dinger (auch die Boeing 747 steht vor dem Aus) haben es zunehmend schwer. Übergewicht passt einfach nicht mehr in unsere Zeit. Vielleicht auch einer der Gründe, weshalb der Mensch die Wale ausrottet. Zu dick, zu schwer, zu teuer. Vor allem aber: zu gefährlich. Denn bei steigenden Meeresspiegeln lassen so fette Tiere das Wasser ja noch stärker ansteigen. Weiß doch jeder, der schon mal mit einem dicken Geschwisterchen die Badewanne teilen musste. Insofern hat das Leerfischen der Meere auch eine gewisse Logik.

Vor allem aber kostet Übergewicht sehr viel Geld – allein in Deutschland gehen für die Bekämpfung von Fettleibigkeit locker 20 Milliarden Euro über die Theke. Jedes Jahr. Allerdings ist das nichts im Vergleich zu den vielen Hundert Milliarden, die Trumps Wirtschaftspolitik die Welt noch kosten kann. Wann lernen die Amerikaner, dass Trump ganz unabhängig von seinem körperlichen Zustand zu dick, zu schwer und vor allem aber zu teuer ist?

Warum wir in Paralleluniversen leben!

„Frauen, die Brustkrebs kriegen, haben ein Thema mit ihrer Weiblichkeit,“ sagt eine Bekannte neulich zu mir. Mir blieb die Spucke weg. So einfach ist das also! Eigentlich beschämend, dass das Tragen langer Röcke sowie gemeinsame Fruchtbarkeitstänze bei Vollmond (oder was auch immer man unter „Weiblichkeit“ versteht) noch keine Standardtherapie gegen Brustkrebs ist. Leider sind Esoteriker häufig beratungsresistent, weil sie sich in einem System bewegen, gegen dessen Geschlossenheit Guantanamo Bay wie offener Strafvollzug wirkt.

Noch beschämender ist, dass diese Küchenpsychologen oft als Heiler oder „Coach“ arbeiten. Dann fliegen einem „Naturgesetze“ um die Ohren: das „Spiegelgesetz“, das „Resonanzgesetz“ oder das „Polaritätsgesetz“. Diese Glaubenssysteme haben allerdings mit Gesetzen so wenig zu tun wie Donald Trump mit Einfühlsamkeit. „Du ziehst das irgendwie an, oder?“ wird gern gefragt, wenn man wieder mal besonders krank ist (Resonanzgesetz). „Was will dir das jetzt wieder spiegeln?“ – erkundigen sich die „Spiegel“-Gesetzler scheinbar mitfühlend bei Todkranken, bevor das Polaritätsgesetz aus dem Sack geknüppelt wird: „Da hast du deine Schattenseite wohl noch nicht richtig integriert!“

Das Ganze wird gern gekoppelt mit einem Versprechen der Heilung, „wenn man es wirklich will“. Was natürlich im Falle eines Exitus heißt, dass man „es wohl nicht genug wollte“. Dann hat man beim Sterben zusätzlich versagt… Möge uns das Leben vor Leuten schützen, die für alles ein „Gesetz“ haben. Denn das blendet aus, dass das Meiste in der Evolution Zufall ist. Und sie nehmen das Schönste: Die Fähigkeit zum Staunen. Aber vielleicht ist das nur mein Widerstand dagegen, „Verantwortung für meine Kreation“ zu übernehmen. Und ich muss mal gucken, ob ich nicht womöglich ein „fettes Thema mit meiner Männlichkeit“ habe. Bevor ich Prostatakrebs kriege.

Warum wir jetzt Nudeln boykottieren!

Terror durch Essen ist ein Syndrom, das sich immer weiter ausbreitet. Essens-Terroristen, sogenannte Orthorexiker (die nur „das Richtige“ essen) treten in verschiedenen Varianten auf: Veganer, Paleo(Steinzeit)-Diät-Halter, Ketogene (keine Kohlehydrate), Frutarier (essen nur das, was die Erde freiwillig rausrückt), Rohkostler, Slow Food und natürlich „Clean Eater“ (keine industriell verarbeiteten Lebensmittel). Sollte Ihnen das nächste Mal einer davon unterkommen, kontern Sie einfach ganz gelassen. Mit Gluten!

Denn „Gluten-frei“ ist das neue „Vegan“. Es ist quasi der Royal Flush der Ernährung. „Gluten-frei“ schlägt alles. Gegen Gluten (also das Kleber-Eiweiß, das in einigen Getreiden vorkommt) ist etwa ein Prozent der Bevölkerung wirklich allergisch. Ungefähr ein Fünftel der Deutschen jedoch lebt weitgehend Gluten-frei, weil es gerade Trend ist. Mit dieser Diät treiben Sie den Rest der Orthorektiker locker in den Wahnsinn. „Was passiert denn, wenn du Gluten isst?“ wird man Sie fragen. Dann beten Sie eine lange Liste scheußlicher Körper-Reaktionen runter, die unbedingt auch die Worte enthalten: „Durchfall, gegen den die Niagara-Fälle ein kümmerliches Rinnsal sind“!

Anschließend sollten Sie unbedingt ein paar tödliche Krankheiten erwähnen. „Wusstest du, dass Gluten für die meisten Krebs-Arten verantwortlich ist?“ Wenn man sich erkundigt, woher dieses Wissen rühre, erwidern Sie: „Dazu gibt es Studien, die aber von der Pharma-Industrie systematisch unterdrückt werden!“ Das sitzt. Schließlich weiß jeder, dass der Pharma-Industrie jedes noch so scheußliche Verbrechen zuzutrauen ist.

Falls Sie trotz Gluten weiterhin „orthorexiert“ werden, eskalieren sie zum „Gluten-freien Ovo-Lacto-Paleo-Rohkost-keto-veganen-Fruto-Slow-Food-Clean-Eating-Flexitarier“. Das ist zwar nur ein neudeutsches Wort für „Alles-Esser“, aber bis ihr Gegenüber das merkt, haben Sie die Torte schon verputzt!

Warum wir vom Ernährungswahn terrorisiert werden!

Kennen Sie Orthorexie-Terroristen? Orthorexie ist die Besessenheit, immer das Richtige essen zu wollen. Besonders weibliche Bewohnerinnen des Prenzlauer Bergs mit einem Hang zu Yoga und Montessori-Schulen sind stark Orthorexie-gefährdet. Als erstes erklärt ein Orthorexie-Terrorist bei einer Dinner-Einladung seinem potentiellen Opfer, dass er ab jetzt Ovo-Lacto-Vegetarier ist. Auf Nachfrage erfährt man, dass er zwar auf Fleisch verzichte, aber nicht auf Eier und Milch. Im Grunde also ein „stinknormaler“ Vegetarier, der sich wichtig machen will.

Als man ihm in der darauffolgenden Woche ein Käse-Omelett serviert, winkt der OT (Orthorexie-Terrorist) ab – mittlerweile sei er nämlich vegan. Veganer erkennt man schnell, weil sie sich sofort zum Veganertum bekennen. Im Gegensatz zu Ihnen, Sie Umweltschwein, der Sie die Welt durch ihren Konsum tierischer Produkte ruinieren. „Ich verwende keine Produkte von etwas, das ne Mutti hat“ erklärt der OT stolz. Und wirkt dann beleidigt, wenn man nachfragt, ob das auch für Produkte gelte, die aus Angela Merkels CDU-Zentrale stammen…

Schon eine Woche später eskaliert der OT zur „Paleo“, also Steinzeit-Ernährung. Ob man denn nicht wisse, dass unser Körper nur das wirklich verdaue, was schon im Paläolithikum verzehrt wurde? Dann knallt der OT Ihnen ein Leoparden-Steak auf den Tisch mit der Bitte, das medium-roh zuzubereiten und die Hülsenfrüchte aus der Küche zu verbannen.

Allmählich werden Sie etwas nervös, wenn der OT in der Nähe ist. Besonders, seit er zur „Paleo-Veganen Rohkost“ wechselte, sich also nur noch von Beeren, Nüssen und rohem Gemüse ernährt. In diesem Zustand bleibt nur noch die Hoffnung, dass der OT aufgrund von Mangelernährung demnächst zu schwach ist, um bei Ihnen vorbei zu schauen. Oder Sie überlegen sich eine wirksame Gegenstrategie – doch mehr davon später…

Warum die Konjunktur so vergiftet ist!

„Das ist Gift für die Konjunktur“, sagte der Wirtschaftsminister prompt, als es um die Erhöhung des Spitzensteuersatzes für Wohlhabende ging. Nun ist „Gift für die Konjunktur“ kein ganz neues Argument. Es ist, um ehrlich zu sein, ein Argument, welches immer dann gerne verwendet wird, wenn es darum geht, einer etablierten Schicht ihre wirtschaftlichen Vorteile zu erhalten. „Gift für die Konjunktur,“ schallte es aus neoliberalen Kreisen, als es um die Einführung des Mindestlohns ging. Der Konjunktur machte das allerdings nicht so viel aus. „Gift für die Konjunktur“ hieß es übrigens auch, als im 19. Jahrhundert die Kinderarbeit abgeschafft wurde. Oder die Südstaaten der USA auf die Sklaverei verzichten mussten. Auch das machte der Konjunktur langfristig nicht so viel aus.

„Gift für die Konjunktur“ scheint also eher ein Totschlagargument, das angewendet wird, wenn man nichts verändern möchte. Energiewende? Gift für die Konjunktur! Begrenzung von Investment-Banker-Boni? Gift für die Konjunktur! Niveauvolle TV-Unterhaltung? Sie wissen schon… Nun ist es mit der „Konjunktur“ so eine Sache. Das Wort leitet sich vom lateinischen „coniungere“ ab, was soviel heißt wie „zusammenbinden“, „verknüpfen“ – auch im heimischen Bereich kann es Probleme mit diesen Aktivitäten geben. „Schatz, ich muss heute wieder ganz spät arbeiten.“ „Also was gewisse Verknüpfungsaktivitäten angeht – das wäre Gift für die Konjunktur…“

Andererseits stellt sich die Frage, ob Konjunktur an sich denn immer so eine wahnsinnig tolle Sache ist? Immerhin bindet eine boomende Konjunktur meist auch einen erhöhter CO2-Anstieg und eine Erwärmung des Klimas zusammen. Das wiederum zerstört im Endeffekt sehr viel Wohlstand und sehr viele Menschenleben. Ist die Konjunktur da nicht sogar selbst das Gift? Und Gift für die Konjunktur auf lange Sicht vielleicht eher ein Gegengift?

Warum der gesunde Menschenverstand siegt!

Immer wieder gibt es in Deutschland gerade aus dem linksgrünversifften Weichei-Spektrum Vorschläge, die einfach „nicht zu verantworten sind“, wie Verkehrsminister Scheuer gerade wieder betonen musste. Unter anderem diese lächerliche Vorstellung, auf deutschen Autobahnen ein Tempolimit von 130 km/h einzuführen – das wäre „gegen den gesunden Menschenverstand“ (wieder Scheuer). Da sollen diese ganzen Überregulierer und Freiheitsvernichter mit ihrem „kranken Unmenschen-Verstand“ jetzt mal drüber nachdenken.

Klar, ein Tempolimit würde mit ziemlicher Sicherheit zu weniger Unfällen und erheblich weniger Toten auf deutschen Autobahnen führen, aber das sei eine „verkürzte, sentimentale Diskussion“, wie Ulf Poschard von der „Welt“ anmerkte. Die längere, unsentimentale Diskussion geht so: Raser sind weltweit eine vom Aussterben bedrohte Minderheit. Nur in Deutschland (oder auch Afghanistan, Somalia und Nordkorea) finden Rest-Exemplare dieser zarten freiheitsbetonten Gattung noch ein halbwegs funktionierendes Ökosystem. Diese Welt braucht jedoch Raser, denn eines der Hauptprobleme unserer Erde ist schließlich Überbevölkerung – besonders jene mit älteren, weißen Männern. Raser bekämpfen dieses Problem mit all den ihnen zur Verfügung stehenden PS. Außerdem heizen sie zusätzlich das Klima auf, was zu Überschwemmungen und Missernten führt und so ebenfalls ein wirksames Mittel gegen zu viele Menschen ist.

Und in Deutschland – das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen – haben wir eben nicht so schöne Waffengesetze wie in den USA, wo sich bereits Vierjährige mit Papas Knarre abknallen können. Da wird auf der direkten, pragmatischen Ebene der Bevölkerungsreduktion relativ wenig getan. Zeit, sich nicht von den Spaßverderbern ins Bockshorn jagen zu lassen. Man sollte weiterhin frei auf deutschen Autobahnen rasen und töten können.

All das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand.

Warum Frauenparkplätze bald anders heißen!

Kennen Sie Frauenparkplätze? Das sind die Parkplätze, wo fiese Männer heimlich schief und schlecht einparken, um den Eindruck aufrecht zu erhalten, Frauen könnten nicht parken… Oder, wie Harald Schmidt einst sagte: Frauenparkplätze vereinfachen das Leben – man ist ja vorher als Triebtäter jahrelang völlig ziellos durchs Parkhaus geirrt…

Mittlerweile jedoch ist diese Vereinfachung in Gefahr. Ein Jurastudent in Bayern klagte gegen Frauenparkplätze (Kurier berichtete). Er fühle sich dadurch diskriminiert, so der Mann. Es gebe schließlich „auch kleine und schwache Männer“. Das Gericht kam zum Schluss, dass das Schild falsch beschriftet war. Die Freiwilligkeit käme nicht deutlich genug zum Ausdruck. Denn öffentliche Frauenparkplätze sind wie Behindertentoiletten – man sollte den jeweiligen Zielgruppen den Vortritt lassen, muss es aber nicht. Öffentliche Behindertenparkplätze wiederum sind interessanterweise wie Damentoiletten – sie müssen unbedingt für die jeweilige Zielgruppe freigehalten werden. Warum klagt eigentlich niemand dagegen, dass Frauen und Behinderte so beliebig miteinander kombinierbar sind??

Nun muss also die Stadt Eichstätt die Frauenparkplätze umbenennen. Nur wie? Vielleicht kann man aus der Geschichte lernen: Der englische König Henry IV untersagte der Legende zufolge die Zurschaustellung protzigen Reichtums in seinem Reich. Leider hielt sich niemand daran – bis er ein Dekret erließ, dass die Zurschaustellung protzigen Reichtums weiterhin verbot – außer für Diebe und Prostituierte…

Auf die Formulierung kommt es also an. Viele erinnern sich noch an die gemeinen Ansagen im Freibad der 70ger Jahre: „Frauen sowie Männer mit überlangen Haaren sind verpflichtet, Badehauben zu tragen“. Wie wäre es daher mit: „Parkplätze – empfohlen für Frauen sowie Männer mit überlangen Angstkomplexen…“ Wahlweise auch mit: „Parkplätze – empfohlen für Frauen sowie für Jurastudenten mit überlanger Profilneurose, die Jobsuche per PR-Gag betreiben…“

Warum wir bald esoterisch sind!

Wie nennt man es, wenn der Bankberater plötzlich Ihre Hand nimmt, intensiv hineinschaut und dann sanft sagt: „Sie haben ein gaaanz langes Leben vor sich…“ Genau: Transzendentale Verkaufstechniken! Angesichts der mauen Lage der Finanzwirtschaft (Brexit kommt, Wohlstand geht, Mastercard muss hohe Strafe zahlen und die Deutsche Bank ist auch nicht mehr, was sie mal war…) braucht es frischen Wind in der Branche – und neues Personal. Personal, das den allgegenwärtigen Yoga-Trend und veränderte Metropolen-Vorlieben widerspiegelt: Der New-Age Banker kommt!

Dann werden Banken einen neuen, zeitgemäßen Look erhalten: Lichte, luftige Tempel des Geldes mit achtsamkeitsgeschultem Personal. Bald wird der Kunde mit „Namaste“ begrüßt, bevor man sich darüber austauscht, wie die „Energy“ (bitte englisch aussprechen: Enördschie“) grade so ist. Der Berater ist dermaßen genderneutral, dass er „der, die oder das Girokonto“ sagt, und bevor man die Kreditbedingungen erläutert, noch einmal ganz tief gemeinsam ins Licht hinein atmet.

Beratungsgespräche enthalten dann völlig neue Formulierungen: „In welchem Chakra fühlen sie denn diese Aktienstrategie? Im Wurzelchakra, aha – das hat dann also noch ganz viel Wachstumspotential“. Statt „ich überweise das für Sie“ sagt er: „Ich channele das Geld mal kurz rüber.“ Eventuell findet sich das richtige Finanzprodukt auch während der gemeinsamen Praxis von Finanzyoga: „Wir machen jetzt gemeinsam den Baum, um die Kraft unseres Depots zu symbolisieren.“ Darauf sagen Sie: „Der Baum – das ist für mich angesichts momentaner Aktien-Kurse eher eine Trauerweide.“ Worauf er erwidert: „Das ist eben das Schöne am Finanzmarkt – der lehrt uns Loslassen! Und auch, wenn Sie persönlich es jetzt angesichts Ihres Bankrottes ein wenig schwer haben – ihr Konto ist bereits im Nirvana: Es hat sich ins Nichts aufgelöst…“

 

Warum wir keine „echte Meinungsfreiheit“ haben!

„Wir haben keine Meinungsfreiheit mehr“ – diese Diskussion ist seit einer Bemerkung des ehemaligen Handballers Stefan Kretzschmar wieder aufgebrandet. Sie wurde vorhersehbar von den Rechten instrumentalisiert, die es interessanterweise als integralen Bestandteil ihrer Meinungsfreiheit betrachten, Andersfarbige zu verhauen. Nach dem Motto: „Ich habe ihm kein blaues Auge verpasst, sondern einfach nur mal deutlich die Meinung gesagt…“

Stefan Kretzschmar meinte nun, es gäbe in Deutschland „keine Meinungsfreiheit im eigentlichen Sinn“. Ich musste erst mal nachgucken, was die Meinungsfreiheit im eigentlichen Sinn eigentlich ist, und siehe da: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern.“ (Art. 5, Grundgesetz) Das hat Kretzschmar getan – und sich damit schon mal selbst widerlegt.

Was dem Mann (und vielen anderen auch) anscheinend wirklich bewegt, ist, dass es auf Meinungen Reaktionen gibt. Wenn du als prominenter Profi-Sportler und Sponsor-Verträge mit Coca Cola abschließt (zum Beispiel), dann musst du dich nicht wundern, wenn dein Vertrag gekündigt wird, weil du im TV lauthals geschrien hast: „Zucker ist noch ekliger als ein Zungenkuss von Donald Trump“! Wenn du als ein dem Grundgesetzt verpflichteter Beamter im Unterricht die Meinung vertrittst, dass Hitler eigentlich „viel geiler war als dieses Schweinesystem“, fliegst du zu Recht raus. Wenn du verheiratet und der Meinung bist, dein Partner sei viel zu fett und blöde, kommst du eventuell auch nur mit einem blauen Auge davon… Meinungen haben ein unterschiedliches Preisniveau.

Jeder kann seine Meinung frei äußern. Sogar in der Türkei. Da landet man dann allerdings im Gefängnis. Den Preis zahlt in Deutschland niemand. Und solange das so ist, ist jegliches „keine echte Meinungsfreiheit“-Gejaule nur Weichei-Gejammer.

Wie wir ganz reich werden können!

In Zeiten drohender Abschottung und Brexit-Entscheidungen werden viele Diskussionen rund ums Thema geführt. „Gäbe es eine Möglichkeit, die Armut in der Welt zu beenden, das „Bruttoglobalprodukt“ zu verdoppeln und die Welt friedlicher zu machen, würdest du es tun?“ frage ich eine Freundin. „Aber natürlich,“ sagt die. „Ok,“ sage ich,“ offene Grenzen.“ „Find ich gut.“ „Ehrlich?“ „Ja, offen sein, sich nicht immer so abgrenzen, auch mal auf andere Menschen zugehen…“ „Nein, ich meinte wirklich offene Grenzen: Jeder kann dahin umziehen, wo er will. Weltweit.“ „Sag mal, spinnst du?“

Ich kann sie verstehen. Erst mal klingt es natürlich absurd: Offene Grenzen – wo kommen wir denn da hin? Nun, die Konservativen dürfte interessieren: offene Grenzen gab es bereits – in der guten alten Kaiserzeit. Bis 1920 gab es keine Pässe und vor dem ersten Weltkrieg auch keine Grenzkontrollen. Die Wirtschaft boomte dadurch bis 1914.

„Aber dann wollen ,die‘ doch alle sofort zu uns kommen.“ Niemand verlässt besonders gern die eigene Heimat. Im Zeitalter der Globalisierung leben nur 3 Prozent der Weltbevölkerung in einem anderen Land. Das änderte sich leider auch nicht wesentlich, wenn man alle Bewohner des diesjährigen Dschungelcamps einfach in Australien ließe…

„Ja, aber dann nehmen die uns doch die ganze Arbeit weg.“ Als Frauen in den 70gern anfingen, vermehrt zu arbeiten, hieß es auch: Sie nehmen den Männern die ganze Arbeit weg – das kannten Männer schließlich von zuhause, wo Frauen ungefragt die ganze Hausarbeit wegnahmen und so brutalst dafür sorgten, dass Männer bis heute vielfach den Geschirrspüler nicht finden können. Mittlerweile ist das Argument hinreichend widerlegt.

„Aber was sollten offene Grenzen denn bringen?“ Vielleicht die Beseitigung der Armut weltweit, eine ungefähre Verdoppelung des „Bruttoglobalprodukts“ (wie Wirtschaftswissenschaftler übereinstimmend berechneten) und durch Abnahme des Bevölkerungsdrucks eine friedlichere Welt…